Pro und Contra: Sind kurze Hosen bei Männern im Büro okay?
Harald Eggenberger
23.06.23, 18:21Johanna Hager
23.06.23, 18:21In den KURIER-Redaktionsstuben bilden sich, sobald es Sommer wird, verlässlich zwei modepolitische Lager: Die Angezogenen und die Ungezogenen. Wie viel darf man ausziehen, bevor es unangemessen wird? Bei der "Frage des Tages" auf KURIER.at meinten kürzlich 60 % der Abstimmenden, Büromänner in kurzen Hosen stören sie nicht. Die freizeit-Redaktion ortet sogar einen Trend zu kurzen Hosen. Aber für viele Betroffene – Kolleginnen und Kollegen – ist und bleibt das ein Fauxpas. Lesen Sie die mit viel Augenzwinkern vorgetragenen Argumente:
PRO
Sargträger, Nikoläuse und Außenminister sollten keine kurzen Hosen anziehen. Das gebieten Pietät, Tradition und Protokoll.
Im Büro gibt es nichts davon. Dort gibt es Arbeit (kann auch mit halben Hosen zur Gänze toll erledigt werden) sowie Kolleginnen und Kollegen, auf die man selbstverständlich Rücksicht nimmt: Darum wird nicht geraucht, doch bei Bedarf sehr wohl geduscht. Der Rest fällt unter persönliche Freiheit, möge sich doch bitte jede(r) kleiden, wie sie/er will. Man ist schließlich Angestellter, nicht Leibeigener.
Arbeitgeber sollten wissen: Wer sich wohl in seiner (zweiten) Haut fühlt, leistet meistens mehr – und jedenfalls lieber. Nichts im Betrieb wird besser, wenn Schweiß die langen Röhren runterrinnt. Höchstens Kundenkontakt könnte daher ein sinnvoller Grund sein, warum eine Firma beinliche Textilvorschriften erlässt.
Der wichtigste Zweck der Kleidung ist Funktionalität. Wenn man bei 30 Grad keine kurzen Hosen tragen darf, wann dann? Der Sommer ist real, während das Statusversprechen (Kleider machen Leute) nur eine Illusion ist – beim Einkommen und mit ihrem Gewand schwindeln die Menschen am meisten. Die Ästhetik ist auch nur ein halbes Argument: Was heute als fesch gilt, ist morgen schon von gestern.
Stillos? Nun mal halblang, wir reden hier ja nicht von bauchfrei. Wadeln sind nicht anziehend, aber auch nicht abstoßend. Sie sind so neutral wie Österreich, tun keinem weh. Wem bloße Beine nicht gefallen, der schaue weg. Er müsste sich sonst konsequenterweise fragen, ob denn Frauen Röcke tragen dürfen.
Harald Eggenberger ist Redakteur am Newsdesk
CONTRA
Fix nicht! Unabhängig des Geschlechts. Weder in Dreiviertel- noch Tom-Selleck-Magnum-Länge. Und auch keine Bermudas, geschweige denn in Hawaii-Optik – wir leben nicht auf einer der gleichnamigen Inseln. Es gibt einen Grund, warum es Dresscode heißt, zwischen Business- und Freizeit-Outfit unterschieden werden kann, man vom „Casual Friday“ spricht.
Dem Anlass entsprechend sich zu kleiden, das scheint insbesondere seit der Pandemie aus der Mode gekommen – wie guter Geschmack, der nicht teuer sein muss, aber kleidsam sein soll. Behaarte Männerbeine – und seien sie in Designer-Shorts – sind unter dem Schreibtisch so unpassend wie das Kleine Schwarze beim Opernball. Von übers halbe Bein besockten Füßen in Sneakers oder Sandalen gar nicht erst zu reden.
Warum weder Jung noch Alt auf Modezar Karl Lagerfeld hören – „Jogginghosen sind das Zeichen einer Niederlage. Man hat die Kontrolle über sein Leben verloren, und dann geht man eben in Jogginghosen auf die Straße“ – ist unerhört. Und bleibt modisches Mysterium – bei allem Verständnis für bequeme Kleidung.
Mögen wenigstens Tom Fords Worte Gehör finden und wahr werden. Der Designer weiß, wovon er spricht, brachte er doch Weltmarken wie Gucci und Yves Saint Laurent und seinem eigenen Label Prestige und Profit. „Niemals“, so Ford, „sollte ein Mann kurze Hosen in der Stadt tragen. Flipflops und Shorts in der Stadt sind niemals angemessen. Shorts sollten nur auf dem Tennisplatz oder am Strand getragen werden.“
Johanna Hager ist stv. Leiterin der Innenpolitik
Kommentare