Heftige Debatte: Braucht es wirklich männerfreie Bereiche im Bad?

Das Thermalbad Vöslau soll eine männerfreie Zone einführen. In einem abgegrenzten Bereich im Freien werden nur „weiblich gelesene Personen“ – also etwa auch nicht binäre oder transgender Frauen – willkommen sein. Das verkündete die Bloggerin, Autorin und Modeunternehmerin Madeleine Darya Alizadeh auf Instagram. Auf sozialen Medien entfachte daraufhin eine heftige Diskussion. Männerfreie Zonen: Ein feministischer Schritt, weil man einer Gruppe von Menschen geschützte Bereiche bietet, oder ein Rückschritt, weil man erst recht Frauen wegsperrt. Eine Frage, die auch die Redaktion beschäftigt. Im Pro und Contra diskutieren Naz Kücüktekin und Laila Docekal.
PRO
Um es gleich mal vorwegzunehmen: Ja, in einer idealen Gesellschaft würden wir diese ganze Debatte nicht führen. Da könnten einfach alle Menschen ungestört ihre Zeit im Freibad genießen. Aber aktuell sind wir von diesem utopischen Sollzustand weit entfernt. Frauen, als solche gelesene, oder überhaupt FLINTA-Personen (siehe oben) sind in nahe zu jedem Bereich des Lebens irgendeiner Form von Sexualisierung und Diskriminierung ausgesetzt. Wenn ein bisschen nackte Haut dazukommt, ist das für manche (Männer!) sowieso eine Einladung. Mehr Bewusstseinsbildung und Erziehung sind hier natürlich gefragt. Von heute auf morgen wird sich da aber nicht so viel tun, dass sich gewisse Gruppen vor einem Badbesuch nicht fürchten müssen. Gesonderte Bereiche für Frauen und FLINTA-Personen wären eine schnelle und einfache Lösung. Eine, die es übrigens bereits in anderen Bereichen gibt. In vielen Fitnessstudios etwa sind eigene Frauenbereiche normal. Frauen, die möchten, können in den männerfreien Bereichen ungestört trainieren. Und die, die das nicht möchten, einfach nicht. Stichwort dabei ist Freiwilligkeit. Weder im Fitnessstudio, noch im Freibad geht es, darum Frauen wegzusperren, sondern ihnen einfach alternative Möglichkeiten zu bieten. Für all jene, die das nicht wollen oder brauchen: Wie schön. Sensibilität gegenüber Menschen, bei denen das vielleicht nicht so ist, zu zeigen, ist aber sicher auch nicht falsch.
Naz Kücüktekin ist Redakteurin im Ressort „Mehr Platz“

Naz Kücüktekin
CONTRA
In Bereichen wie der Sauna mag das ja okay sein, wenn Frauen ihren eigenen Rückzugsbereich haben. Aber wenn wir jetzt beim Baden auch eigene Zonen fordern, begeben wir uns in das Fahrwasser von patriarchalischen Ländern, wo Frauen „zu ihrem eigenen Schutz“ nur noch hinter verschlossenen Türen baden dürfen. Hier müssen sie keine anzüglichen Kommentare fürchten und können sich geschützt vor dem männlichen Blick wohlfühlen.
Was signalisiert das im Umkehrschluss? Frauen, die im gemischten Bereich baden, bieten sich als Freiwild an? Müssen junge Mädchen Angst haben, sich dort zu bewegen? Dazu kommt das Dilemma für Mütter mit Kindern: Töchter dürfen mit in die Frauenzone, aber Söhne nur bis zu einem gewissen Alter? (Und wer legt fest, ab welchem Alter dieser männliche Blick für andere Frauen unangenehm wird?) Wenn es ein Problem mit Belästigungen und übergriffigen Kommentaren gibt, kann nicht die Lösung sein, Frauen abzusondern. Das macht es nur schlimmer. Vielmehr sollte man an der Wurzel ansetzen: Was spricht gegen Bewusstseinskampagnen in Bädern für einen respektvollen Umgang miteinander? Wir haben es geschafft, HundebesitzerInnen so weit zu bringen, dass sie das Gackerl ihres Lieblings wegräumen – da wird es doch möglich sein, Männern und hormongesteuerten Pubertierenden angemessene Verhaltensregeln im Bad näherzubringen. Notfalls mithilfe von Sanktionen.
Laila Docekal ist Leiterin des Ressorts Lebensart

Kommentare