Maut auf allen Straßen – eine gute Idee?

Maut auf allen Straßen –  eine gute Idee?
Soll eine flächendeckende Maut auf allen Straßen eingeführt werden? In der KURIER-Redaktion sind die Meinungen gespalten.
Bernhard Gaul

Bernhard Gaul

Sandra Baierl

Sandra Baierl

Bis Juni muss die Regierung gegenüber der EU-Kommission darlegen, wie die hohen Klimaziele bis 2030 erreicht werden sollen. Einer der möglicherweise kontroversesten Vorschläge ist die Einführung einer flächendeckenden, fahrleistungs-, tageszeit- und fahrzeugtypabhängigen Straßenmaut für den Personen- und Güterverkehr.

Ist das eine gute Idee? Ein Pro & Contra:

PRO

Im Verkehr fallen eine Reihe unterschiedlicher Kosten an, für welche am Verkehr Teilnehmende nicht direkt oder gar nicht aufkommen. Das betrifft etwa  die Bereitstellung und Instandhaltung der  Infrastruktur. Zusätzlich entstehen Schäden und Kosten durch Unfälle und die negativen Auswirkungen von Lärm, Abgasen oder Treibhausgas-Emissionen. Diese oftmals ausgeblendeten, sogenannten externen Kosten des Verkehrs gehen zulasten Dritter oder der Allgemeinheit, der Umwelt und zukünftiger Generationen.

Trotz der Belastungen für die Allgemeinheit wird umwelt-, klima- und gesundheitsschädliche Mobilität finanziell belohnt, beispielsweise durch Steuerprivilegien auf Diesel-Treibstoff, durch unzureichende Bemautung der  Infrastrukturen oder durch Förderung der Zersiedelung im Pendelverkehr.  Auch bevorzugt unser Verkehrssystem wohlhabende ungleich mehr als schlechter gestellte Menschen (Pendlerpauschale).  In Österreich belaufen sich die jährlichen externen Kosten auf 13 Milliarden Euro. Während ein Pkw in Österreich zwölf Cent externe Kosten pro Personenkilometer verursacht, sind es bei der Bahn  1,7 Cent.

Eine angedachte Maßnahme liegt für Verkehrsforscher in einer flächendeckenden Maut auf allen Straßen – um weniger Verkehr und weniger  zu generieren:   0,5 Millionen Tonnen  weniger bei 4 Cent/km, 1,75 Millionen Tonnen  bei 12c/km, 5,3 Millionen Tonnen  bei 20c/km. Dass sich dafür aber politische Mehrheiten finden lassen, muss bezweifelt werden.

Bernhard Gaul, Innenpolitik-Redakteur

CONTRA

Autofahrer zahlen viel für ihre individuelle Mobilität . Angesichts der hohen  Belastung – ein Durchschnittsauto kostet leicht 500 Euro im Monat, wenn man Leasing bzw. Abschreibung, laufende Kosten, Treibstoff/Strom, Versicherung, Reifen,  Service, Vignette  und diverses Sonstiges  einberechnet –  könnte man  meinen, dass diese angedachte  generelle Straßenmaut auch schon wurscht ist. 

Aber sie ist es nicht, weil  hier nicht mehr nur von der Bepreisung der Premium-Straße „Autobahn“ geredet wird (deren Vignetten-Erträge zweckgebunden sind), sondern von den ungezählt vielen Straßen, Landstraßen, Bundesstraßen im Land, die wir jeden Tag nützen, die Ortschaften verbinden und zur  Basis-Infrastruktur für alle gehören. 

Der Vorstoß einer generellen Straßenmaut will natürlich bewirken, dass die Menschen weniger Auto fahren. Am besten gar kein Auto mehr besitzen. Und dadurch das Klima schonen. Das ist    vielerorts aber völlig unrealistisch. Ich lebe manchmal am Land, in einem kleinen Ort ohne Bahnanbindung. Täglich fährt dort zweimal ein Linienbus durch – eine kleine Anbindung in den nächstgrößeren Ort, der wiederum keine Bahnanbindung hat.  Keine Chance also, in Ketzelsdorf ein Leben ohne Auto zu führen. Einen Familienalltag aufrechtzuhalten mit Arbeit, Schule, Kindergarten  und Besorgungen und sich dabei auf Öffis zu verlassen oder das Fahrrad zu nehmen.   Das Auto ist (oft und nicht nur hier) eine Notwendigkeit,  die schon teuer genug ist. 

Sandra Baierl, Leitung Mobilität, JOB, IMMO

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