PRO
Der Staat braucht dringend Geld, um die Bevölkerung durch die Krise zu bringen, damit – im wahrsten Sinne – im Winter niemand friert. Gleichzeitig werden in Österreich in den kommenden 30 Jahren aufsummiert 700 Milliarden Euro steuerfrei vererbt. Kein Wunder, dass der Sozialminister mit einer Erbschaftssteuer liebäugelt.
Es ist nicht zu ändern, dass manche in Familien hineingeboren werden, in denen es Wohlstand zu vererben gibt, und andere nicht. Veränderbar ist aber die Verteilung von Wohlstand über Steuern. In einem Sozialstaat wie Österreich heißt das: Wer mehr bekommt, muss mehr abgeben. Trotzdem gehen bei der Idee, Erbschaften zu besteuern, die Emotionen hoch.
Warum? Weil die Gegner von Erbschaftssteuern es gerne so darstellen, als wäre man schnell einmal betroffen. Dabei sehen alle international gängigen Modelle erhebliche Freibeträge vor. Für Österreich wurden etwa wiederholt eine Million als Grenze vorgeschlagen, bis zu der Erben steuerfrei bleibt. Glücklich, aber sehr selten, wer eine Oma hat, die ihm so viel vererbt. Auch Immobilienerbschaften sind in den meisten Modellen nur zu besteuern, wenn die Erben sie nicht selbst bewohnen. Steuern auf kleine Erbschaften fordert niemand. Das würde die Vermögensschere ja zusätzlich verschärfen.
Daraus ergibt sich die gute (oder schlechte?) Nachricht für Sie, verehrte Leser: Mit Blick auf die Statistik ist davon auszugehen, dass die allermeisten von Ihnen (so wie ich) auch im Falle ihrer Einführung keine Erbschaftssteuer zahlen würden.
Elisabeth Hofer ist Innenpolitik-Redakteurin.
CONTRA
In Österreich liegt die Abgabenquote bei rund 43 Prozent. Dies wird sich laut Statistik Austria trotz der jüngsten Steuerreform auch in den nächsten Jahren nicht ändern. Ein Arbeitnehmer muss also fast die Hälfte des Lohnes für Steuern und Sozialversicherungsbeiträge abführen. Damit ist Österreich im europäischen Vergleich schon jetzt ein Hochsteuerland. Wer sich da noch etwas zur Seite legen kann, dem ist zu gratulieren. Viele junge Menschen schaffen daher größere Investitionen nur mithilfe der Eltern bzw. deren Nachlass.
Wenn es nach SPÖ oder Arbeiterkammer geht, dann ist die Steuerlast für Arbeitnehmer noch immer zu gering. Sie fordern eine Erbschaftssteuer, am besten schon ab 500.000 Euro. Dies hätte zur Folge, dass so gut wie jedes vererbte Eigenheim zu versteuern wäre. Denn angesichts des Immobilienbooms und der hohen Inflation ist der Wert vieler Wohnungen und Häuser enorm gestiegen. Eine Steuer hätte nicht nur eine Belastung für den breiten Mittelstand zur Folge. Sondern auch, dass Menschen sich entweder verschulden müssten, um die Steuer abzuführen, oder die Immobilie – wie es in Deutschland oft geschieht – sogar verkaufen müssten. Häuser, die oft schon jahrzehntelang im Besitz der Familien sind.
Nicht zuletzt werden durch eine Erbschaftssteuer all jene bestraft, die das ganze Leben für ihren Nachwuchs finanziell vorsorgen und das Geld nicht ausschließlich für ihre Interessen ausgeben.
Robert Kleedorfer ist stellvertretender Wirtschaftsressortleiter.
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