Teils ist das der Ideologie- und Geschichtsvergessenheit bürgerlich-konservativer Kreise geschuldet, teils hat die Linke beharrlich und nicht unerfolgreich an dieser Koordinatenverschiebung gearbeitet: „Links“ ist demnach das neue „Normal“ – und alles rechts davon (also sehr viel) tendenziell verdächtig. Letzteres als solches zu benennen, gilt auch als Ausweis kritischer Intelligenz. Wer es hingegen, wie zuletzt Wolfgang Schüssel oder Johanna Mikl-Leitner, wagt, seine Irritation darüber auszudrücken, dass man mit dem Label „kommunistisch“ heute noch politisch reüssieren kann, muss sich bestenfalls (!) milde-spöttisch belächeln lassen.
Dazu passt eine jüngst bekannt gewordene Studie der Universität Konstanz zu den „Demos gegen rechts“ in Deutschland. Diese waren bekanntlich eine Folge von medial stark aufgeblasenen Berichten der Plattform Correctiv über ein Geheimtreffen von Rechten und Rechtsextremen, bei dem über die Außerlandesschaffung von Menschen mit Migrationshintergrund („Remigration“) gesprochen worden sein soll. Dies sowie das durch Umfragen belegte generelle Erstarken der AfD trieb Hunderttausende in Deutschland auf die Straßen. Von Medien und Politik wurde das begeistert als Aufstand der „Mitte der Gesellschaft“ und Ähnliches rezipiert.
Die genannte Studie freilich „bringt das Narrativ von der demonstrierenden Mitte ins Wanken“, wie die NZZ schreibt. Diese angebliche „Mitte“ steht nämlich in Wahrheit deutlich links. 65 Prozent der befragten Demoteilnehmer stufen sich selbst als Mitte-links ein, fünf Prozent gar als links-außen; nur ein Viertel sieht sich tatsächlich als Mitte, als Mitte-rechts ganze drei (!) Prozent, rechts-außen null Prozent.
Dem korrespondiert das abgefragte Wahlverhalten der Demonstranten bei der letzten Bundestagswahl: Grüne 61 %, SPD 18 %, Linke 8 %, CDU/CSU 8 %, FDP 3 %.
Die tatsächliche Mitte der Gesellschaft dürfte also doch recht deutlich woanders stehen als die politmedial herbeifantasierte „Mitte“. Das findet seine Entsprechung in der Tatsache, dass rund um die Demos der Unterschied zwischen „rechts“ und „rechtsextrem“ bewusst verwischt wurde – mit dem Ziel, dass bei „rechts“ das „-extrem“ immer mitschwingt (während wir bei „links“ bestenfalls „-liberal“ mitzudenken gewöhnt sind).
Indes leistet gerade diese Gemengelage der – zu Recht mit Sorge beobachteten – Stärkung der Ränder zur Rechten wie zur Linken Vorschub.
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