Die Sanierung des prächtigen Baus von Theophil Hansen ist gelungen. Und worüber echauffieren wir uns? Nicht über die verloren gegangene Debattenqualität im Hohen Haus oder den tiefen Graben zwischen den Parteien, sondern über ein (teilweise) vergoldetes Klavier aus heimischer Fertigung. Was wiederum zum allgemeinen Diskussionsniveau passt: Ein Thema muss die Empörungsgesellschaft „triggern“, sonst findet es nicht den Weg an die Öffentlichkeit. Und nichts ist anschaulicher, als wenn sich „die da oben“ mit Luxus umgeben, wozu im Zweifel auch Kultur zählt.
Blattgold ist übrigens nicht besonders teuer, und die Miete wird angerechnet, sollte das Klavier der (leider nicht mehr in österreichischer Hand befindlichen) Traditionsmarke Bösendorfer gekauft werden. Ob der Flügel des Anstoßes jetzt wirklich der Gipfel des Geschmacks ist, darüber darf getrost gestritten werden. Kleiner Zwischenruf: Hätte man in den letzten Jahrhunderten so gedacht, gäbe es auch die Ringstraße samt Parlament nicht – und wer bitte braucht schon das viele Gold an der Gestalt der Pallas Athene?
Vor zehn Jahren hat Barbara Prammer gegen populistische Widerstände die Generalsanierung durchgesetzt. Ja, sie war teuer – sogar teurer als geplant –, dennoch dringend notwendig. Wenn tatsächlich das Sein das Bewusstsein bestimmt, dann könnte das rundumerneuerte Gebäude für eine insgesamt bessere Atmosphäre sorgen. Die Ausweichquartiere mit unterschiedlichen Containern für die Parteien haben möglicherweise das „Gegeneinander“ noch mehr befeuert. Früher einmal stolperte man in der alten „Milchbar“ übereinander und schloss bei einem G’spritzten zumindest vorübergehend Frieden (für Journalisten war es ein Ort, wo man viel erfuhr – ganz ohne Handy-Nachrichten schreiben zu müssen). Das renovierte Haus bietet wieder genügend Platz für Begegnung.
Im Parlament sollte die feine Klinge, die hohe Kunst der Rhetorik vorherrschen, aber nicht wechselseitiges Niedermachen. Der Untersuchungsausschuss hat viel Porzellan zerschlagen, die Stimmung ist mies. Angesichts der multiplen Krisen ist das gar nicht gut – abgesehen davon, dass es die Politikverdrossenheit erhöht, das Vertrauen der Menschen in den Staat als solchen ruiniert und Populisten, die wenig Antworten, aber viel Emotion zu bieten haben, Zulauf beschert. Es wäre schön, könnte das neu besiedelte Haus, das neue Jahr eine neue Ära einläuten. Bei diesem „Kulturwechsel“ ist auch der musische Parlamentspräsident gefragt. Wolfgang Sobotka liebt den Paukenschlag mehr als das Adagio. Aber man kann ja nicht nur auf einem Klavier auch einmal leisere Töne anschlagen.
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