Rendi-Wagner: Wer folgt ihr noch?

Rendi-Wagner: Wer folgt ihr noch?
SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner ist geschwächt und muss gegen das Schlimmste kämpfen, was einer Partei passieren kann: Gleichgültigkeit
Elias Natmessnig

Elias Natmessnig

Pamela Rendi-Wagner hatte die Latte für ihre Wiederwahl extrem niedrig gelegt. 71 Prozent gab sie als ihr Minimum an, geworden sind es 75,3 Prozent. Es ist das schlechteste Ergebnis einer Parteichefin ohne Gegenkandidaten in der Geschichte der SPÖ. Rendi-Wagner muss sich daher die Frage gefallen lassen, wer ihr noch folgt. Doch die Probleme sitzen tiefer. Die geschwächte Parteichefin muss gegen das Schlimmste kämpfen, was einer Partei passieren kann: Gleichgültigkeit.

„Völker, hört die Signale“, heißt es in dem sozialistischen Kampflied „Die Internationale“, die am Ende jedes Parteitages gesungen wird. Doch die eigenen Genossen haben sie vielfach nicht mehr gehört. Die Reihen am Parteitag in der Messe Wien hatten sich nämlich am Nachmittag derart gelichtet, dass die Partei nicht mehr beschlussfähig war. Eine Abstimmung über die Parteistatuten musste daher abgebrochen werden. Sind den Genossen das Stadionbad oder das Schweizerhaus näher als der eigene Parteitag, der ohnehin der erste seit drei Jahren ist? Ist eh schon alles wurscht bei den Roten?

Die Gleichgültigkeit der Genossen jedenfalls wird garantiert auf die Wähler abfärben. Denn wem alles wurscht ist, der rennt nicht vor Wahlen von Tür zu Tür. Und die Frage, wer die SPÖ überhaupt noch wählen soll,

ist alt wie aktuell. Die treuen Stammwähler der SPÖ, die Pensionisten, sterben weg, und hinten nach kommen Wähler, die längst nicht mehr die Verbundenheit mit einer Partei von Kind auf kennen. Die großen Themen Migration und Klimawandel sind von der politischen Konkurrenz besetzt. Bleibt noch die Arbeit – aus der Opposition heraus ein schwieriges Feld.

Dennoch hat die SPÖ zuletzt in Umfragen zugelegt. Vom historischen Tiefstand von 15 Prozent vor Beginn der Corona-Krise hat Rendi-Wagner die Partei wieder an die zweite Position geführt. In einer aktuellen Umfrage von OGM für den KURIER kommt die SPÖ derzeit auf 25 Prozent. Angesichts der misslichen Lage der ÖVP könnte das aber auch weit mehr sein. Rendi-Wagner hat ihre Rede vor der Wiederwahl daher dazu genutzt, mit der ÖVP unter Kurz abzurechnen. Und sie hat ein Versprechen abgegeben, mit dem „System Kurz“ nicht zu koalieren.

Auffällig jedenfalls ist, wie wenig Widerspruch oder Kritik es an ihr vor der Abstimmung gab. Der Denkzettel erfolgte erst in der geheimen Abstimmung. Offenbar trauen ihr viele Genossen die Führung nicht mehr zu.

Corona hat der Epidemiologin Rendi-Wagner eine gewisse Verschnaufpause gegeben, mehr nach innen als nach außen. Aber jetzt ist sie angezählt. Denn wenn sie nicht mehr die eigenen Genossen erreicht, wie soll sie dann Wähler erreichen? Da helfen auch Brandreden gegen das „System Kurz“ nichts.

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