Sport in Österreich: Ein Missverständnis
Ein, zwei Medaillen sagen nur wenig über das sportliche Konzept einer Nation aus.
Ist jetzt wieder alles gut? Die Medaille ist da, der Blick von der Couch aus nach Rio zu Olympia, dieser Hochleistungsmesse des Weltsports, nicht mehr ganz so qualvoll. Und erst recht der Blick in den Medaillenspiegel: in Bronze funkelnd! Ohnehin die schönste Farbe. Gold ist etwas für Angeber, Silber zu dezent.
Es empfiehlt sich noch ein zweiter, genauerer Blick. Und der kann wirklich schmerzhaft sein. Es ist der Blick auf Österreichs Sport. Unabhängig davon, was vielleicht noch kommen mag in Rio. Ein, zwei Medaillen sagen nur wenig über das sportliche Konzept einer Nation aus. Gleichzeitig können viele Top-10-Platzierungen, verteilt auf ausgewählte Sportarten, die Bestätigung kluger Planung und Steuerung sein.
Erfolge wie jener im solide geführten Segel-Verband sind vielmehr das Produkt Einzelner. Einzelner Sportler, Trainer, Funktionäre, Klein-Teams, und im Idealfall einzelner Verbände, die allesamt ausreißen, querdenken und es verstehen, das antiquierte und träge System noch irgendwie zum eigenen Vorteil auszunutzen.
Einen klugen Satz hat Schwimmerin Birgit Koschischek gesagt, nachdem sie über 50 Meter Freistil chancenlos ausgeschieden war: "Genau das bekommt man raus, wenn man in den Spitzensport so viel einzahlt wie wir in Österreich." Gemeint sind Trainingsbedingungen, aber auch Perspektiven für die Athleten hierzulande.
Blanker Hohn
Dass Sportlerinnen wie Koschischek die Besten in ihrem jeweiligen Fach sind, darf ihnen nicht zum Vorwurf gemacht werden. Die Bezeichnung "Olympia-Touristen" klingt wie blanker Hohn, nachdem man ein Mal im Jahr einen Schwimm- oder Leichtathletik-Bewerb verfolgt hat. Wer Spitzensport will, muss zu ihm stehen. Zur besten Sendezeit und auf dem besten Sendeplatz, in den Vereinen und bereits in den Schulen. Doch wer den Turnunterricht – egal, ob ein Mal pro Woche oder täglich – als niedere Tätigkeit betrachtet, wird kein Kind für Sport begeistern können.
Das Totschlag-Argument, Österreich sei einfach keine (Sommer-)Sportnation, ist alles andere als unumstößlich. Ändern kann es jeder selbst. Das ist ja das Geniale daran, für viele aber auch das Unangenehme.
"Es begann alles mit dem Traum eines kleinen Jungen, der den Schwimmsport verändern wollte", hat vor einigen Tagen jemand in Rio gesagt. Es war Michael Phelps nach seinem 23. und letzten Olympia-Gold.
Was hätte wohl so mancher in Österreich zu der Träumerei des kleinen Michael gesagt? Lern lieber was G’scheit’s??!!
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