Olympia-Ende: China feiert sich, doch der Sport muss Trauer tragen

Das Olympiastadion während einer Feuerwerksshow mit den olympischen Ringen.
Mit den Winterspielen ist das Land endgültig zur Großmacht im Weltsport aufgestiegen. Doch der olympische Geist hat sich endgültig verflüchtigt. Das IOC bleibt damit seiner Linie treu.
Philipp Albrechtsberger

Philipp Albrechtsberger

Die peinliche Phrase von „den besten Spielen aller Zeiten“ hat sich Thomas Bach verkniffen, als am Sonntag das olympische Feuer in Peking erlosch. Immerhin. Das Internationale Olympische Comité (IOC) und sein Präsident waren zuletzt durchaus flexibel in ihren Haltungen zu China, dem Olympia-Gastgeber. Man sprach lieber von „außergewöhnlichen Spielen“. Das trifft es in Pandemie-Zeiten – und lässt gleichzeitig ausreichend Platz für Interpretationen.

China hat die Corona-Spiele nahezu perfekt abgewickelt, viel geräuschloser jedenfalls als es etwa Japan im Sommer 2021 zustande gebracht hat. Klar ist natürlich, dass ein Land, dessen Bevölkerung an totale Überwachung gewöhnt ist, rigoroses Pandemie-Management leichter erträgt.

Aber was bleibt von diesen 24. Olympischen Winterspielen?

Für die Staatsspitze in Peking ist die Sache klar: China stieg endgültig zur Großmacht im Weltsport auf. Die Tatsache, dass die Volksrepublik eine historische Medaillenausbeute (Rang drei und damit vor den USA) vorzeigen kann, wird die Einheitspartei kurzfristig zu nutzen wissen, für alle Ewigkeiten aber wird geschrieben werden: Erstmals in der Geschichte war eine Stadt Schauplatz von Sommer- und Winterspielen. Lediglich 14 Jahre hat Peking dafür benötigt.

China ist in diesem Punkt kein Vorwurf zu machen. Man hat nur zugegriffen, weil so viele andere Nationen – darunter Österreich – die Finger von Olympia gelassen haben.

Die alles andere als neue Kritik richtet sich an das IOC. Das Komitee versteht sich als Bewegung, die Menschen und Emotionen vereint, Frieden und Sinn stiftet. In Wahrheit ist es nichts anderes als ein beinhart kalkulierender Konzern (jedoch ohne stabilisierendes Kontrollgremium), der sein noch immer faszinierendes Produkt an den Höchstbietenden verscherbelt.

Der Anspruch, eine Floskel

Diese Strategie ist nicht neu im Weltsport (Katar, Saudi-Arabien, ...), dennoch müssen für das IOC Kraft des Gründungsgedankens noch strengere Maßstäbe gelten als etwa für den Weltfußballverband FIFA. Die Ausübung von Sport ist laut olympischer Charta ein Menschenrecht, und spätestens da wird es mit China als Gastgeber schwierig. Veranstaltungen wie Olympia seien Menschheitsereignisse, die den Blick auf Missstände richten, wird vom IOC oft und gerne betont.

Doch gerade das Gastgeberland China entlarvt diesen Anspruch als Floskel. 2008, bei den Sommerspielen in Peking, machte sich ein Team Tibet Hoffnungen auf einen Start. Das IOC lehnte ab – offiziell aus formalen Gründen. So ersparte man sich den Zorn der Gastgeber, für die dieses Antreten eine Provokation dargestellt hätte. Bis heute hat sich daran nichts geändert. Tibeter werden von der chinesischen Regierung verfolgt, deren Kultur zerstört. Man ahnt, wie es der Minderheit der Uiguren weiterhin ergehen wird.

Porträt eines lächelnden Mannes vor dem Schriftzug „Kurier Kommentar“.
Olympia-Logo für Beijing 2022 über einer stilisierten Berglandschaft.

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