Öko um jeden Preis
Wenn Wien grüner werden will, dann bitte mit mehr Konzept.
Die schreckliche Brandkatastrophe in London löst in Österreich die üblichen Reflexe aus: Könnte hier nie passieren, alles super. Nun stimmt zwar, dass wir viel strengere Bauordnungen haben, dennoch sollte man auch die bei uns verwendeten Dämm-Materialien genauer unter die Lupe nehmen. Seit Jahren ist ja das Einpacken von Häusern ein steuergeldgefördertes Dogma. Es senkt die Heizkosten und die CO2-Belastung der Umwelt. Doch ein Teil des Materials ist offenbar leicht brennbar und beim Abriss Sondermüll. Außerdem steigt die Gefahr von Schimmelpilz in den Wohnungen. Gute Absicht mit problematischen Folgen.
Davon gibt es einige Weitere: So hat der massive Ausbau von hoch subventionierten Wind- und Solarkraftwerken vor allem in Deutschland dazu geführt, dass die alten Braunkohlekraftwerke weiterlaufen und bei Wind- und Sonnenmangel einspringen müssen, weil Strom (noch) nicht in großer Menge gespeichert werden kann. Prinzipiell wäre Atomkraft, was die CO2-Bilanz betrifft, eine "saubere" Energie. AKW sind aber speziell hierzulande so umstritten, dass sie wohl nicht einmal dann gebaut würden, wenn die Endlagerfrage geklärt wäre. Wenn man überlegt, wie viele Menschen durch eine Technik zu Schaden kommen, dann ist Rauchen und Autofahren tausendfach gefährlicher als ein AKW. Aber Ängste sind nun mal durch Risikostatistiken nicht zu bewältigen.
Apropos gefährliche Technik: Seit 20 Jahren gibt es gentechnisch veränderte Nutzpflanzen, und noch keine einzige von Hunderten Studien hat eine Gefahr für Mensch und Umwelt entdeckt. Dennoch halten wir am Anti-Gentech-Dogma fest. Auch dass "Bio" immer besser ist, stimmt nicht. Manche der von weit hergekarrten Bio-Produkte haben schon aufgrund ihrer Reise einen schlechteren ökologischen Fußabdruck. Also lieber den Waldviertler Leinsamen aus konventionellem Anbau, als den Bio-Leinsamen aus Brasilien kaufen. Ob "Bio" einen gesundheitlichen Vorteil hat, ist außerdem bestenfalls eine Glaubensfrage.
Grüne Autos, grüne Stadt
Leider sind auch die Hoffnungen in die E-Mobilität derzeit noch trügerisch. Die Batterien-Produktion ist enorm umweltschädlich. Der Stromverbrauch solcher Autos (vor allem wenn sie im Winter geheizt und im Sommer gekühlt werden müssen) ist hoch. Die Öko-Bilanz kommt nur dann in den "grünen" Bereich, wenn Strom aus erneuerbaren Quellen gewonnen wird. Und neu ist das alles auch nicht: Schon 1898 hat Ferdinand Porsche in Wien ein Elektroauto mit Allradantrieb konstruiert. Außerdem halten etliche Experten die E-Mobilität bloß für eine Übergangstechnik zum Wasserstoffauto.
Wenn Wien "grüner" werden will, was keine schlechte Idee ist, dann bitte mit mehr Konzept: Wenn schon Parkgebühr, dann eine klare Citymaut statt des jetzigen Fleckerlteppichs. Wenn schon Radweg-Ausbau, dann nicht so, dass die Fußgänger zum Freiwild werden. Wenn schon Öko-City, dann nicht jeden Millimeter zubetonieren.
Viel zu oft enthält "öko" nur Aktionismus und neue Bürokratie: So müssen ab nächstem Jahr große österreichische Firmen einen Nachhaltigkeitsbericht vorlegen. Gut gemeint muss nicht unbedingt immer gut sein.
Kommentare