Nobelpreis: Momentum nutzen, um Begeisterung für Wissenschaft zu schüren

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Stolz allein ist nicht genug. Jetzt muss man Maßnahmen gegen die Wissenschaftsfeindlichkeit setzen.
Agnes Preusser

Agnes Preusser

Einen gewissen Stolz verspürt man ja schon, wenn ein Österreicher einen Nobelpreis erhält. Und wenn das gleich zum zweiten Mal hintereinander passiert – im aktuellen Fall für Errungenschaften in der Physik –, ist man gleich noch stolzer. Nachdem vergangenes Jahr Anton Zeilinger ausgezeichnet wurde, erhält heuer Ferenc Krausz die begehrte und renommierte Auszeichnung.

Fast ist man versucht, sich selbst klüger als den Rest der Welt zu finden, schließlich hat man ja die gleiche Nationalität wie die beiden Physiker. Allein diese Tatsache macht einen gefühlt ein bisschen co-gescheit.

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Wie viele haben nach der Verkündung des Siegers wohl den Spruch „Wir sind Physik-Nobelpreis“ gesagt, gehört oder zumindest an ihn gedacht? Dass wahrscheinlich die wenigsten mit dem prämierten Forschungsfeld „Attosekundenphysik“ etwas anfangen können, darüber kann ja man leicht hinwegsehen.

Zu übermächtig ist das Gefühl, dass Österreich, das Land der Wissenschaft, wieder zugeschlagen hat. Jenes Land mit der langen Forschungstradition, in dem schon so oft Geschichte geschrieben wurde. Was wäre die Welt schließlich ohne Sigmund Freud oder Erwin Schrödinger?

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Das ist aber nur die eine Seite der Medaille. Die andere ist die Wissenschaftsfeindlichkeit und die Skepsis, die immer noch im Land schwelen werden, wenn die erste Siegeseuphorie verklungen ist. Im Herbst 2021 wurden die Ergebnisse einer EU-weiten Eurobarometer-Umfrage präsentiert. Österreich schnitt dabei desaströs ab. Genau wie bei einer Untersuchung durch die Österreichische Akademie der Wissenschaften. Rund ein Drittel vertraut demnach der Wissenschaft kaum, ganze 37 Prozent setzen eher auf ihren Hausverstand.

Das ist bedenklich, denn ohne Wissenschaft gibt es keinen Fortschritt, keine Innovation – und keine Stabilität. „Wer Wissenschaft angreift, greift die Demokratie an“, sagte Bildungsminister Martin Polaschek im Sommer. Was Misstrauen in die Forschung auslöst, hat man während der Corona-Pandemie zur Genüge gesehen.

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Eine kürzlich durchgeführte nationale Untersuchung geht mit den Österreichern etwas weniger hart ins Gericht. Demnach seien die Österreicher zwar nicht ganz so skeptisch, aber dafür desinteressiert. Das ist nur ein schwacher Trost. Wem Wissenschaft – ganz österreichisch – wurscht ist, der wird sie zwar wahrscheinlich nicht angreifen, sie aber auch nicht gegen Angriffe verteidigen. Stolz zu sein, dass jemand aus dem eigenen Land einen Preis bekommen hat, ist in Ordnung. Das allein ist aber nicht genug.

Das Momentum, das der Erhalt des Nobelpreises auslöst, muss man nutzen, um die Begeisterung für Wissenschaft in der Bevölkerung wieder neu zu entfachen. Nur so bleiben wir zukunftsfähig.

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