Die besten Beispiele dafür waren die Ankündigung eines Entwöhnungsprozesses von wirtschaftlichen Hilfen und Unterstützungsleistungen, das Pochen auf Leistung, der Fokus auf Eigentum und die Forderung nach besseren Rahmenbedingungen für die Landwirtschaft. Das klang wieder nach der traditionellen ÖVP.
Besonders auffallend war, wie sehr er sich thematisch gegenüber seinem grünen Koalitionspartner abgrenzte. Er kündigte seinen Widerstand gegen das in der EU geplante Aus von Verbrennermotoren an. Er verpasste Klimaschutzministerin Leonore Gewessler einen Seitenhieb, indem er den Stopp von Straßenbauprojekten im Hinblick auf Klimaschutz als wenig sinnvoll abqualifizierte. Da musste er ihren Namen erst gar nicht in den Mund nehmen, um dennoch Applaus zu erhalten.
Er sprach sich für Änderungen beim Arbeitslosengeld aus. Ein derartiges Projekt von Arbeitsminister Martin Kocher war an den Grünen gescheitert. Der Entfall der Grunderwerbsteuer für das erste Eigenheim taucht ebenfalls in seinem Plan 2030 auf. Auch dagegen sind die Grünen in der Regierung, weswegen derzeit der Beschluss für eine Mietbremse auf der Kippe steht. Weitere Anti-Grün-Punkte waren in der Rede Verschärfungen im Asylbereich, das Beharren auf dem Schengen-Veto, das Hinterfragen von Sozialleistungen oder das Abqualifizieren des Genderns.
Auch wenn Bundeskanzler Karl Nehammer in seiner sehr langen Rede kein einziges Mal eine Partei namentlich erwähnte – diese Trennlinien zu den Grünen waren nicht zu überhören. Sie klingen wie eine Ankündigung, dass es nach der Nationalratswahl 2024 keine Fortsetzung einer türkis-grünen Bundesregierung geben wird – selbst wenn sich das danach rechnerisch ausgehen sollte. Das dürfte sich in der Koalition bereits verfestigt haben, da man sich auch bei den Grünen mittlerweile um Alternativen abseits der ÖVP umschaut.
Letztendlich könnten sich diese Dissonanzen auch auf den Termin für die Nationalratswahl auswirken. Derzeit schwankt man in der Volkspartei, ob im kommenden Jahr noch vor der EU-Wahl im Mai oder regulär erst im Herbst die Stimmen abgegeben werden sollen. Nach der Rede von Karl Nehammer deutet jetzt alles auf einen Wahlsonntag bereits im Frühjahr.
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