Nachwirkung von gekündigten Kollektivverträgen

Nachwirkung von gekündigten Kollektivverträgen
Nicolaus Mels Colloredo

Nicolaus Mels Colloredo

Dies würde jedoch Nachzahlungen in Millionenhöhe bedeuten

von Nicolaus Mels Colloredo

über den gekündigten AUA-Kollektivvertrag

Im Rahmen der Sanierung der Austrian Airlines, wurde deren Flugbetrieb mit Juli 2012 in ihre Konzerntochter Tyrolean Airways in Form eines Betriebsüberganges eingebracht. Weiters wurde der für die Austrian Airlines geltende Kollektivvertrag mit Ende Juni 2012 von der Wirtschaftskammer gekündigt, um eine Anwendung des Kollektivvertrages der Tyrolean Airways auf die (übergegangenen) Arbeitnehmer zu erreichen. Dieser wurde jedoch ebenfalls zeitgleich durch den Gewerkschaftsbund gekündigt. Daraufhin wurden von Tyrolean Airways einseitig erlassene Unternehmensrichtlinien angewandt. In dem sodann eingeleiteten und bis vor den OGH geführten Verfahren, begehrte der Gewerkschaftsbund, verkürzt gesprochen, die Feststellung, dass der (gekündigte) Kollektivvertrag der Austrian Airlines auf die von der Tyrolean Airways übernommenen Arbeitnehmer „nachwirke“. Dagegen wurde unter anderem argumentiert, dass ein zum Zeitpunkt des Betriebsüberganges bereits gekündigter Kollektivvertrag vom Erwerber des Betriebes nicht zwingend beachtet werden müsse. § 13 des österreichischen Arbeitsverfassungsgesetzes regelt, dass die Rechtswirkungen eines Kollektivvertrages nach seinem Erlöschen für Arbeitsverhältnisse, die davor durch ihn erfasst waren, so lange aufrecht bleiben, als für diese Arbeitsverhältnisse nicht ein neuer Kollektivvertrag wirksam oder mit den betroffenen Arbeitnehmern nicht eine neue Einzelvereinbarung abgeschlossen wird (sog. „Nachwirkung“). Für den OGH war jedoch fraglich, wie diese Norm in Zusammenhang mit Art. 3 Abs. 3 der Richtlinie 2001/23/EG auszulegen ist, und er beantragte unter anderem deshalb eine Vorabentscheidung des EuGH. Art. 3 Abs. 3 der RL 2001/23/EG regelt, dass der Erwerber nach dem „Betriebsübergang“ die in einem Kollektivvertrag vereinbarten Arbeitsbedingungen bis zur Kündigung oder zum Ablauf des Kollektivvertrages bzw. bis zum Inkrafttreten oder bis zur Anwendung eines anderen Kollektivvertrages in dem gleichen Maße aufrechterhält, wie sie in dem Kollektivvertrag für den Veräußerer (des Betriebes, Unternehmens etc.) vorgesehen waren.

Es bleibt spannend

Mit seiner kürzlich ergangenen Entscheidung erkannte der EuGH nunmehr insbesondere, dass auch im Falle eines Betriebsüberganges ein gekündigter Kollektivvertrag auf die mit den übergegangenen Arbeitnehmer abgeschlossenen Vertragsverhältnisse „nachwirkt“. Dies würde jedoch in gegenständlicher Causa Nachzahlungen in Millionenhöhe bedeuten, die aufgrund der Nachwirkung des „alten“ Kollektivvertrages der Austrian Airlines für deren ehemalige, auf die Tyrolean Airways übergegangene Arbeitnehmer zu leisten wären. Der Ball ist nunmehr wieder beim OGH, der sich in weiterer Folge auch mit der Frage zu beschäftigen haben wird, ob auch der, ebenfalls aufgekündigte, Tyrolean-Kollektivvertrag Nachwirkungen entfaltet. Zu dieser Frage äußerte sich der EuGH nicht entscheidend. Bejahendenfalls wäre sodann zu klären, welcher der beiden nachwirkenden Kollektivverträge zur Anwendung gelangt. Es bleibt somit spannend. Die Entscheidung wird jedoch wohl noch einige Zeit in Anspruch nehmen.Mag. Nicolaus Mels Colloredo ist Partner bei PHH Prochaska Havranek Rechtsanwälte / Co-Autor Mathias Dechant

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