In säkularer Form zeigt sich das Phänomen heute auch als radikale Zivilisations- und Kapitalismuskritik, wie sie vielfach von Bewegungen und Gruppierungen vertreten wird, die im Gewande fortschrittlich-aufgeklärter Humanität auftreten.
Eine globale Krise wie die gegenwärtige ist jedenfalls Wasser auf die Mühlen jener, die seit jeher das „System“ für falsch und daher einen „Systemwandel“ für das Gebot der Stunde halten. Sie finden sich übrigens an den linken wie rechten Rändern unserer Gesellschaften.
Instrumentalisierung der Krise
Vieles spricht indes dafür, dass dieser Wandel ausbleibt. Dass nach der Krise grosso modo vor der Krise ist. Weil der Mensch so ist, wie er eben ist. Das heißt nicht, dass sich nichts lernen ließe. Möglicherweise werden wir im konkreten Fall manche ökonomische Abhängigkeiten (Stichwort: Medikamentenproduktion) überdenken, auch generell, ob die Auslagerung vieler Produktionen, die Deindustrialisierung Europas so eine gute Idee war.
Aber alles in allem ist nicht nur anzunehmen, sondern zu hoffen, dass nicht alles anders sondern nur manches vielleicht besser wird. Dies umso mehr, als – entgegen allen Beschwörungen des Gemeinsamen und des Miteinanders zum Trotz – die Instrumentalisierung der Krise schon längst begonnen hat. Man beachte etwa, wie angesichts der Tatsache, dass die ÖVP aktuell aus guten Gründen das Ziel eines ausgeglichenen Haushalts hintanstellt, die diesem Ziel zugrunde liegende ordnungspolitische Überzeugung zu diskreditieren versucht wird.
Um nicht missverstanden zu werden: Jetzt sind alle Kräfte zur Eindämmung der Pandemie vonnöten. Aber danach wird es wieder darum gehen, Politik zu machen, um die besseren Konzepte zu streiten – und jenes „System“ weiterzuentwickeln, welches sich schon bisher bewährt hat.
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