Mursi agiert aus Position der Stärke
Die USA brauchen Mursi und werden ihn nicht fallen lassen
Die USA brauchen Ägyptens Staatschef und werden ihn nicht fallen lassen. Das nennt man knallhartes Machtkalkül. Nachdem Ägyptens Präsident Mursi die zentrale Rolle beim Zustandekommen einer Waffenruhe in Nahost gespielt hatte, was ihm große internationale Reputation eingebracht hatte, schlug er innenpolitisch brachial zu. In einem Art Verfassungsputsch stellte er sich über die Justiz und machte seine Entscheidungen unanfechtbar. Auf die Proteste dagegen reagiert der Muslimbruder kompromisslos – mit Polizeigewalt und Tränengas. Damit riskiert er zwar eine gefährliche Spaltung des Landes, denn die Opposition hat weiteren Widerstand angekündigt. Doch sie ist schwach, und Mursi hält starke Trümpfe in seiner Hand.
Denn für die Masse der Ägypter ist es sekundär, von wem sie regiert werden. Sie wollen endlich eine wirtschaftliche Verbesserung ihrer Lebenssituation. Der Präsident argumentiert, dass er dazu weitreichende Vollmachten brauche, mit denen er sich nun schamlos ausstattete.
Wer kann ihn stoppen? In Wahrheit niemand. Im Land votierten bei den Parlamentswahlen 70 Prozent der Stimmberechtigten für die Muslimbruderschaft oder die noch radikaleren Salafisten – womit klar ist, wo die große Mehrheit steht. Und für die USA ist Mursi unerlässlich im Nahost-Konflikt. Zwar hängt Kairo am Finanztropf Washingtons, doch so lange Mursi Ägypten nicht in einen islamischen Gottesstaat umformt und weiter eine konstruktive Rolle im nahöstlichen Hexenkessel einnimmt, sind für die USA demokratiepolitische Aspekte untergeordnet. Das war schon bei Mubarak so, das ist auch bei Mursi so. walter.friedl
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