Muss man seine Nachbarn beim Namen kennen?

Muss man seine Nachbarn beim Namen kennen?
Sie leben Tür an Tür oder Hecke an Hecke. Doch wie gut kennen Sie Ihre Nachbarn?
Anja Kröll

Anja Kröll

Wie heißen Ihre Nachbarn? In meiner Wien-Zeit gab es: Den Nackten. Braucht wenig Erklärung. Nomen est omen. Der Herr bevorzugte es, nackt auf seiner Couch im 15. Wiener Gemeindebezirk zu sitzen. Ohne Vorhänge, dafür mit voller Beleuchtung. Ich hatte die Wahl, von der Loggia aus die Gloriette in der Ferne zu bewundern oder den Blankzieh-Couch-Poser zwei Stockwerke tiefer, leicht schräg gegenüber. Immer wieder faszinierend, was man beim genauen Hinsehen auf so ein Bauwerk alles entdeckt.

Es folgte der Nachbar im Achten: kurz Airbnb-Typ. Er ward nie gesehen, quartierte aber immer sehr laute Menschen ein, die entweder kifften oder grölend und besoffen nach Hause kamen. Manchmal auch alles zusammen. Kurzum: Wenig Namen, viele einprägsame Taten.

Am Land ist das anders. Da haben Nachbarn Namen und lassen diesen auch Taten folgen. So wie meine Nachbarn rechts vom Zaun: Die Ps. Frau P. weiß alles, was ich selbst nicht weiß: Wie man Blumen richtig pflegt, Erdäpfel-Acker anlegt oder Kaiserschmarrn mit einem Tassenrezept macht. Und sie teilt dieses Wissen. Ich lasse nun Blumen erst nach einer halben Sommersaison sterben, kann Erdäpfel setzen und ernten sowie Kaiserschmarrn kochen – Letzteres zumindest in der Theorie.

Herr P. eilt herbei, sobald der Generalschalter beim Stromkasten fällt, das Holz in den Keller muss (inklusive Einschulung am schweren Gerät) oder der Rasenmäher Dinge macht, die komisch sind.

Warum die Ps hier abgekürzt werden? Das Bergdorf weiß, wen man meint. Für den Rest gelten datenschutzrechtliche Gründe, und für einen selbst gilt: Namen werden tatsächlich nebensächlich, sobald aus Nachbarn Familie wird.

Kommentare