Kuscheltiere, die einem autoritären Präsidenten Angst machen

Kuscheltiere, die einem autoritären Präsidenten Angst machen
Ein näherer Blick hinter den flauschigen Protest in türkischen Fußballstadien lohnt sich.
Karoline Krause-Sandner

Karoline Krause-Sandner

Wir wissen, dass alles politisch sein kann – bis hin zu Zuckerl und Feuerzeugen in Wahlkampfzeiten. Dass Stofftiere politisch sind, ist bisher noch nicht so oft vorgekommen. In der Türkei ist das jetzt aber so.

Beim Fußballspiel von Beşiktaş Istanbul gegen Antalyaspor vergangene Woche – nach 4 Minuten und 17 Sekunden – flogen sie zu Tausenden auf das Spielfeld. Zur selben Spielzeit beim Spiel von Lokalrivale Fenerbahçe Istanbul gegen Konyaspor hörte man minutenlange Fangesänge, die den Rücktritt der Regierung forderten.

Am 6. Februar, um 4.17 Uhr hatte im Südosten der Türkei (und in Syrien) die Erde gebebt. Dass dabei so viele Menschen starben, liegt auch daran, dass die Hilfe der Regierung so schleppend voranging, an schweren Mängeln bei der Erdbeben-Prävention und in der Bauaufsicht.

Hinter der Meldung

Oft lohnt es sich, noch etwas genauer hinter die Meldung zu blicken. Denn insbesondere die Fans des Istanbuler Vereins Beşiktaş gelten als starke Erdoğankritiker mit dem Hang zur Selbstjustiz.

Einer der Slogans der Ultragruppierung Çarşı ist: „Die Anarchie beginnt, wo die Gerechtigkeit endet.“ Unter diesem Motto reisten Hunderte von ihnen, ebenso wie auch Fenerbahçe-Fans, in die Erdbebenprovinzen – nicht nur, um den Rettungskräften zu helfen und Spenden zu bringen, sondern auch, um Wache zu halten und Plünderer zu jagen, die die Katastrophe für sich nutzen wollten.

Die Fenerbahçe-Fans mussten dafür einen ungewöhnlichen Preis bezahlen: Beim nächsten Spiel von Fenerbahçe in Kayseri waren Gästefans per Gerichtsbeschluss ausgeschlossen – „aus Sicherheitsgründen“, wie es hieß. Der Protest des Klubs gegen die Entscheidung nutzte am Ende nichts.

Fenerbahçe siegte dennoch. Und die Spieler klatschten am Ende symbolisch vor dem leeren Gästesektor.

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