Kämpfe gegen Windmühlen und irrationale Ängste
Am Samstag kämpfte ich mit Don Quijote gegen Windmühlen. Wobei: Er kämpfte gegen Windmühlen, ich gegen Luftballons. Beim Sommertheater Perchtoldsdorf wurde nämlich eine Schafherde mit schwarzen und weißen Luftballons dargestellt, die wegen eines Minigewichts zwar nicht ganz abheben, sich bei sanftem Wind aber wie Tiere bewegen sollten.
Am Samstag war nur leider kein sanfter Wind, sondern sehr starker, weswegen das Publikum von den Luftballon-Schafen regelrecht angefallen wurde. Mein Vater fing die Herde schließlich ein und brachte sie zur Bühne zurück. Er erntete dafür den ersten Szenenapplaus des Abends.
Es gibt generell sehr unterschiedliche Publikumstypen. Die einen melden sich euphorisch, wenn Freiwillige gesucht werden, etwa bei Zaubershows oder im Zirkus. Die anderen werden im Sitz immer kleiner, wenn jemand zum Mitmachen gebraucht wird. Ich zum Beispiel gehöre eindeutig letzterer Fraktion an. Das geht so weit, dass ich Shows mit Publikumsbeteiligung weniger genießen kann als andere – die Furcht, auf die Bühne geholt zu werden, ist omnipräsent.
Das liegt vielleicht auch an einem bestimmten Ereignis. Bei einem Improvisationstheaterabend holten die Schauspieler Jacken aus der Garderobe und machten sich über den (vermeintlichen) Inhalt der Taschen lustig. Bei meiner Jackentasche taten sie so, als hätten sie dort einen Vibrator gefunden. Ich saß mit knallrotem Kopf am Tisch – daneben meine Eltern. Ich weiß gar nicht mehr, wie alt ich damals war. Jung. Es spielt aber auch keine Rolle, diese Begebenheit wäre mir auch im zarten Alter von 117 noch peinlich gewesen. Das restliche Publikum kriegte sich jedenfalls gar nicht mehr ein vor Lachen.
Ich habe mit der „Auf-die-Bühne-geholt-werden“-Angst mittlerweile leben gelernt. Dagegen vorzugehen erscheint mir aber auch ähnlich aussichtslos wie Don Quijotes Kampf gegen Windmühlen.
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