Iran: Revolution auf der Couch
Wenn es um Probleme und Herausforderungen geht, die sich außerhalb unserer vier Wände oder gar außerhalb unserer Landesgrenzen abspielen, fühlen wir uns als Einzelperson oft klein und machtlos, etwas daran auszurichten. Wie oft habe ich dieser Tage gelesen: Es bringt doch nichts, wenn hier in Österreich gegen das brutale Regime im Iran demonstriert wird. Oder ein zynisches: Na da werden sich die Mullahs aber fürchten!
Wer das sagt, verkennt die Situation. Die Menschen, die im Kampf für den Iran gerade laut sind – ob dort oder anderswo auf der Welt –, retten damit de facto Leben. Denn genau dieses Scheinwerferlicht hindert die Mullahs gerade daran, mehr als 15.000 inhaftierte Regimegegner zu exekutieren. So wie sie es schon zuvor und ohne Skrupel gemacht haben.
Die sozialen Medien sind das Herz dieser aktuellen Revolution im Iran und damit auch ihre Stärke. Dieses Herz schlägt kraftvoll und die Exil-Iraner sind seine Schallverstärker. Gemeinsam pumpen sie Beweise über das menschenverachtende Vorgehen in die Welt und machen damit Druck. Auf die Politik. Auf die UNO. Und auf alle, die sich die Wahrung von Freiheit und Menschenrechten auf die Fahnen geschrieben haben.
Von sich aus hätte der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz sonst wohl kaum ein Video in den sozialen Medien (sic!) veröffentlicht, in dem er Deutschland an die Seite des iranischen Volkes stellt, die Machthaber der Islamischen Republik scharf kritisiert und ihnen ausrichtet: „Was sind Sie für eine Regierung, die auf ihr eigenen Bürger und Bürgerinnen schießt?“
Diese Revolution in den sozialen Medien verstärkt noch ein Phänomen, von dem wir uns alle viel mehr wünschen: Videos zeigen mutige Passanten, die bei Verhaftungen von Mädchen ohne Kopftuch eingreifen und sie losreißen. Oder Massen, die sich gegen die Todesstrafe erheben, die über Regimegegner verhängt wurde. Dieser Protest ist – dank sozialer Medien – auch von der Couch aus wirkungsvoll.
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