Kommt ein Turban geflogen

Kommt ein Turban geflogen
Es ist ein regelrechter Sport daraus geworden, und manche Geistliche binden sich die Kopfbedeckung inzwischen sogar an.
Laila Docekal

Laila Docekal

Mein derzeitiges Herzensthema bleibt Ihnen auch diesen Montag nicht erspart: Wer die täglichen Videos aus dem Iran verfolgt, findet inzwischen unzählige Beiträge, in denen Klerikern der Turban vom Kopf gestoßen wird. Es ist ein regelrechter Sport daraus geworden, und manche Geistliche binden sich die Kopfbedeckung inzwischen sogar an.

Hier ein Video vom imaginären Turbanwurf-Verband, der inzwischen gegründet wurde - inklusive Kommentator und Bewertung der Wurfweite und -geschwindigkeit:

Dieses Phänomen mag einem hier im Westen befremdlich und vor allem respektlos vorkommen. Immerhin handelt es sich um Männer Gottes, oft in höherem Alter. Respekt vor dem Alter und sogar grundsätzlich vor Fremden ist in der iranischen Kultur immanent.

Doch genau diesen Respekt haben die Kleriker verspielt. Nicht nur durch ihre absurden Gesetze, mit denen sie die Menschen und vor allem die Frauen unterdrücken. Seit Jahren beschimpfen sie wüst Frauen auf der Straße, die nicht ihren Vorstellungen entsprechend gekleidet sind. Oder greifen sie sogar an. Hauptargument: Wer sich nicht an die Kleiderordnung hält, fordert solche Angriffe heraus.

Die Iranerinnen und Iraner drehen diesen Spieß nun um: Wer sich an ihrer Unterdrückung beteiligt und einen Turban trägt, muss damit rechnen, dass er vom Kopf gekickt wird. Eine vergleichsweise harmlose Maßnahme und bittersüße Genugtuung, denkt man an die bisher über 330 Toten (darunter mindestens 50 Kinder) und die über 14.000 Inhaftierten, denen die Todesstrafe droht. Unzählige wurden unter Folter und Vergewaltigung zu einem Geständnis gebracht.

Das Regime probiert jetzt auch eine Social-Media-Kampagne und lanciert eigene Videos: Darin gehen Männer aus ihren Schlägertruppen, den Basiji, vor gläubigen Frauen mit Tschador auf die Knie und Küssen das Ende ihres Tuchs. Ob sie damit ihr Image noch retten können ...

laila.docekal@kurier.at

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