Wobei sich meist jene auf den Schlips getreten fühlen, die mit Recht Teilzeit arbeiten, weil sie kleine Kinder haben. Für sie gibt es seit der Regierungszeit Wolfgang Schüssels aber ohnehin vernünftigerweise eine Anrechnung auf die Pension. Aber eben nur für einen Zeitraum von maximal vier Jahren pro Kind. Das Lamento von der fehlenden öffentlichen Kinderbetreuung ist übrigens nur begrenzt wahr: In Österreich herrscht ein traditionelles Familienbild. Man bleibt also lieber daheim bei den Kindern, als sie an eine Institution abzugeben, wie alle Studien zeigen.
Mittlerweile hat allerdings ein gar nicht so kleiner Teil der teilzeitarbeitenden Menschen keine Betreuungsaufgaben (mehr). Beim jetzigen Arbeitskräftemangel kann man davon ausgehen, dass sie meistens nicht von den Firmen dazu gezwungen werden, sondern es freiwillig tun. Um mehr Frauen überhaupt zu Erwerbsarbeit zu motivieren, war einst Teilzeitarbeit steuerlich begünstigt worden. Das wieder zurückzuschrauben, ohne Familien negativ zu treffen, wird Aufgabe des Arbeitsministeriums sein. Dafür muss an der Steuer- und Abgabenschraube gedreht werden. Laut Agenda Austria ist es nämlich in keinem EU-Land finanziell unattraktiver, die Arbeitszeit auszuweiten als in Österreich.
Nur in den Niederlanden arbeiten innerhalb Europas noch mehr Frauen Teilzeit als in Österreich – mit negativen Folgen für ihre Pension. Aber offenbar vertrauen ohnehin alle darauf, diesen Nachteil im Alter vom Steuerzahler ausgeglichen zu bekommen. Wer länger und mehr erwerbstätig ist, könnte derzeit also durchaus der Dumme sein. Weitere Gründe für die große Sehnsucht nach der idealen Work-Life-Balance: Die Erben-Generation hat es nicht nötig, sich auszupowern – bzw. umgekehrt: Wer sich aufgrund der explodierten Baupreise selbst mit einem Vollzeitjob kein Wohnungseigentum mehr schaffen kann, setzt eben auf Lebensqualität statt auf Hackeln. Auch die Kombi aus Anstellung und Schwarzarbeit dürfte ein Grund für Teilzeit sein.
Der ÖGB wünscht sich eine Viertagewoche bei vollem Lohnausgleich. Nun mag das für manche Bürojobs ja passen, nicht aber in der Dienstleistung, im Spital oder in der Produktion. Es gäbe dann einige unerwünschte Effekte: zum Beispiel eine Inflationsbefeuerung, weil Dienstgeber mehr Personal brauchen, das derzeit aber gar nicht zur Verfügung steht. Oder mehr Arbeitsdruck für alle, weil sie fünf Tage in vier quetschen und die fehlenden Kollegen kompensieren müssen. Das Thema ist hochkomplex. Bitte ausgegorene Lösungen statt Populismus.
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