Wirtschaftskammer: Alte Zöpfe abschneiden

Das Logo der Wirtschaftskammer Österreich (WKO) an einem Gebäude.
Die Wirtschaftskammer steht mit ihrem hohen Lohnabschluss in der Kritik. Nicht zuletzt deswegen sollte ein Aus der Pflichtmitgliedschaft Thema werden.
Robert Kleedorfer

Robert Kleedorfer

In der Wirtschaftskammer Österreich ist Feuer am Dach. Die Erhöhung der Gehälter für das nächste Jahr deutlich über der Inflationsrate sorgt außerhalb des eigenen Hauses für große Empörung. Schließlich heißt es derzeit mit Verweis auf die wirtschaftliche Lage für viele Menschen im Land „den Gürtel enger schnallen“. 

So müssen sich Beschäftigte von Metallbetrieben oder der Eisenbahn dieses Mal mit deutlich weniger zufriedengeben, der bereits im Vorjahr abgeschlossene Beamten-KV wurde sogar noch einmal aufgeschnürt. Schwer vorstellbar ist auch, dass die Angestellten im Handel, über deren Lohnerhöhung diese Woche neu verhandelt wird, das Niveau der Kämmerer erzielen. Und knapp ein Drittel der Pensionisten muss bei den Anpassungen ebenfalls Abstriche hinnehmen.

Bei der Kammer ticken die Uhren aber anders. Getreu dem Motto „Was liegt, das pickt“ zieht sie die von ihr beschlossene Formel zu Gehaltserhöhungen durch – komme, was wolle. Den Anhebungen wurde bisher in der breiten Öffentlichkeit nie Beachtung geschenkt, fielen sie doch nie aus dem Rahmen. In der Coronazeit lagen sie zum Teil sogar deutlich unter der Inflationsrate.

Doch diese Argumente gehen bei der Bevölkerung ins Leere. Vergangenes zählt nicht. Die von Personalabbau verschonten Kammern sind ohnehin als Privilegienstadl verschrien. Die Wirtschaftskammer hat zudem das spezielle Problem, nicht die Arbeitnehmer zu vertreten. Und auch unter den Wirtschaftstreibenden selbst haben die Sympathien für ihre Standesvertretung in den vergangenen Jahren sukzessive gelitten. 

Zu wenig Information und schlechter Service oder eine nicht mehr zeitgemäße und teure Struktur, lauten einige der Vorwürfe. Nicht verwunderlich, dass die Beteiligung bei der letzten Kammerwahl heuer um gleich sieben Prozentpunkte auf nur noch 26,5 Prozent gesunken ist. Die Legitimation als Standesvertreter für alle Unternehmerinnen und Unternehmer ist somit nicht mehr gegeben. Und damit erst recht nicht jene der Pflichtmitgliedschaft, die seit der Nachkriegszeit besteht.

Wirtschaftskammerchef Harald Mahrer, der in der aktuellen Lohncausa bis dato auf Tauchstation gegangen ist, spricht laufend davon, alte Zöpfe abzuschneiden. Daher könnte er mit gutem Beispiel vorangehen und mit seiner Partei das Ende der Pflichtmitgliedschaft ernsthaft in Betracht ziehen. Österreich, ohnehin als Fürsorgestaat verschrien, würde damit (und auch mit dem Aus der Zwangsmitgliedschaft in der Arbeiterkammer) eine aus der Zeit gefallene Tradition beenden. Es würde auch dabei helfen, die von der WKO oft kritisierten Lohnnebenkosten zu reduzieren. Und wenn die Kammern gute Arbeit leisten, werden die Menschen ohnedies weiterhin gerne ihren Obolus für deren Leistungen zahlen.

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