Wie man ein Land auf Jahre ruiniert
Diese Regierung hat nur mehr ein paar Wochen Zeit für Reformen, bis der Wahlkampf sachliche Diskussionen verunmöglicht. Die Findung einer neuen Regierung und eines Regierungsprogramms wird im Herbst und vielleicht sogar über den nächsten Winter andauern. Ein längerer Reform-Stillstand ist also programmiert.
Der Rückblick fällt nicht leicht, was hat die erste türkis-grüne Regierung eigentlich erreicht? Welche Reformen der letzten fünf Jahre würden Ihnen, geschätzte Leserin und geschätzter Leser, von den 14 Regierungsmitgliedern einfallen (und wie viele der 14 könnten sie namentlich nennen)? Am meisten ist sicher in der Energie- und Klimapolitik weitergegangen, ein paar Milliarden gibt es für die Rüstung, eine kleine Steuerreform samt großartiger Abschaffung der kalten Progression, ebenso eine kleine Gesundheits- und ein bisschen Bildungsreform.
Damit kann sich nur niemand zufriedengeben, speziell in der Bildung nicht. Denn ein gutes Bildungssystem kann eine kleine Volkswirtschaft wie Österreich auf Jahrzehnte optimal aufstellen und vorwärtsbringen. Faktum ist aber: Wir sind nicht gut aufgestellt und nicht für die kommenden Jahrzehnte gerüstet. Wir versagen schon bei den Basics, wenn zugewanderte Kinder, aber eben auch Kinder von Österreichern nach neun Jahren Schulpflicht die Kulturtechniken Schreiben, Rechnen, Lesen, nicht beherrschen. Und wie weit weg sind wir von den demnächst wieder zu hörenden Wahlkampf-Lippenbekenntnissen wie „Die besten Lehrer für die beste Bildung“? Wir nehmen aus Verzweiflung über den offenbar überraschenden Lehrermangel (Pensionierungen der Babyboomer) jede und jeden.
Müßig zu erwähnen, dass sich jeder investierte Euro etwa in die Elementarpädagogik (Kindergarten) für den Staat vielfach rentiert, weil die Grundlagen für eine erfolgreiche Bildungskarriere schon bei den Kleinsten gelegt werden. Österreich hat keine besonderen Rohstoffe zum Exportieren, um Wohlstand aufbauen zu können. Aber ein bestens aufgestelltes Bildungssystem wirkt in alle Bereiche, für den Wirtschaftsstandort, für die Widerstandskraft der Bevölkerung und gegen einen immer teurer werdenden Sozialstaat. Denn nichts schützt besser vor Arbeitslosigkeit als eine gute Ausbildung.
Diese Binsenweisheiten sollten hier nicht wiederholt werden müssen, aber leider, leider interessiert sich die Regierungsspitze ganz offensichtlich nicht für die Misere an unseren Schulen. Nicht der Kanzler, nicht der Vizekanzler, nicht einmal der Finanzminister lässt prüfen, was mit den vielen Milliarden Euro passiert, die wir jedes Jahr ins Schulsystem pumpen.
Sonst würden wir sicherlich wöchentliche Schul-Krisengipfel abhalten, um das Land fit für das 21. Jahrhundert zu machen. So aber ruinieren wir die Zukunft viel zu vieler Kinder – und unsere dazu.
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