Schon am Tag, als Donald Trump erneut zum US-Präsidenten gewählt wurde, schnellte das Panik-Level in der EU nach oben. Und es steigt weiter – jedes Mal, wenn der designierte Chef des Weißen Hauses oder sein „Buddy“, Tech-Milliardär Elon Musk, ihre abenteuerlichen Pläne und Thesen von sich geben:
Grönland und Panama erobern, Kanada an die USA anschließen, die NATO-Staaten in den Ausgabenwahnsinn treiben, gewaltige Zollbarrieren aufbauen. Soll man das alles für bare Münze nehmen?
Die Erfahrung aus der Ära Trump 1: In der Art eines eher rüden Basarhändlers treibt der „Deal-Maker“ Trump erst einmal den Preis hoch, um es dann wesentlich billiger zu geben – wenn es ihm denn überhaupt gelingt.
Worum es ihm wirklich geht, ist maximalen Druck aufzubauen – und den richtet der einen rigiden Protektionismus fahrende nächste US-Präsident auch auf Europa. Gegen die Handelskraft, die Wirtschaftsstärke, die potente Konkurrenz der EU. Bis zu 20 Prozent Strafzölle droht Trump den Europäern auf Importe in die USA an. Wenn die EU nicht – und da ist er wieder, der Basarhändler – „das enorme Defizit der USA durch den groß angelegten Kauf unseres Öls und Gases ausgleicht.“
Die Sorgen, dass Trump seine Drohungen wahr machen könnte, sind immerhin schon so drückend, dass die an einer Lungenentzündung laborierende EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen Trump noch vor dessen Angelobung am 20. Jänner in seiner Residenz in Mar-a-Lago aufsuchen möchte. Ob das Treffen klappt oder nicht – so oder so hat die EU klugerweise ihren Werkzeugkasten an Gegenmaßnahmen zumindest im Handelsbereich schon aufgerüstet. Verhängt Trump Zölle, wird die EU mit Gegenzöllen antworten; und dieser Handelskrieg, soviel haben Ökonomen schon errechnet, wird die EU nicht in die wirtschaftliche Katastrophe führen.
Konzessionen zu machen bringt wenig in einer Trump-Welt, wo es nur Gegner und Konkurrenten gibt. Wer Schwäche zeigt, hat schon verloren. Und zumindest im Bereich ihrer Handelsmacht hat die EU durchaus Möglichkeit, wehrhaft Zähne zu zeigen.
Anders sieht es dagegen aus, was die Macht der US-Techkonzerne angeht. Da wird sich erst weisen, ob der von den USA angefeindete EU-Digital Services Act tatsächlich schaffen wird, die virale Welle an Fake News und Lügen und einzudämmen.
Wovor sich Europa aber trotz aller Poltereien gar nicht fürchten muss, ist ein angedrohter Austritt der USA aus der NATO. Denn laut einem 2023 verabschiedeten Kongressbeschluss müsste ein NATO-Abgang der USA von zwei Dritteln des Senats angenommen werden – was so gut wie nie passieren wird. Es ist ein noch von US-Präsident Biden gebautes Sicherheitsschloss. Der hatte erkannt: Man muss Trump ernst nehmen – aber man kann sich auch schützen.
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