Tempo 30: Runter vom Gas in den Ortsgebieten

Tempo 30: Runter vom Gas in den Ortsgebieten
Gemeinden können künftig leichter Tempo 30 verhängen. Hoffentlich tun das viele. Die Raser sind nämlich nicht mehr, sondern nur lauter.
Gert Korentschnig

Gert Korentschnig

Raus aus dem Gas, hieß es zuletzt immer wieder – aus politischen Gründen aus dem russischen, aus ökologischen aus jedwedem.

Reden wir aber an dieser Stelle von einem anderen, in Hinblick auf den Energieverbrauch durchaus benachbarten Thema: Runter vom Gas.

Der Nationalrat hat beschlossen, dass Gemeinden künftig leichter Tempo 30 verhängen können. Bisher ging dem ein mühsames Genehmigungsprozedere voraus. Ab 1. Juli können das die Bürgermeister beziehungsweise die zuständigen Straßenbehörden in Ortsgebieten selbst verordnen. Das ist einmal eine der sinnvollen föderalistischen Aktionen, weil die Gemeinden im Idealfall am Besten wissen sollten, wo man die Sicherheit der Bewohnerinnen und Bewohner schützen muss.

Zur Bewusstmachung des Problems ein paar Zahlen: 63 Prozent aller Verkehrsunfälle ereignen sich im Gemeindegebiet, im Schnitt gibt es pro Jahr 80 Verkehrstote allein auf Gemeindestraßen. Die meisten Opfer haben Niederösterreich, Oberösterreich und die Steiermark zu beklagen, jene flächenmäßig großen Bundesländer, in denen besonders viele Autos unterwegs sind.

Bei den Unfallursachen liegen traditionellerweise Unachtsamkeit/Ablenkung (zum Beispiel durch Handynutzung am Steuer) und überhöhte Geschwindigkeit an der Spitze. In beiden Kategorien gab es von 2022 auf 2023 sogar Anstiege.

Dass künftig das Tempo in Gemeinden an gefährlichen Stellen oder im Idealfall überall gedrosselt werden kann (und hoffentlich auch wird) und dass die Ortschefs selbst Radarkontrollen in Auftrag geben dürfen – dafür gibt es viele gute Gründe. Aber im Autoland Österreich geht es ja leider oft weniger um Fakten als um Emotion. Viele Menschen hinter dem Steuer sind der festen Überzeugung, dass es ein Menschenrecht auf Rasen gibt. Dass sie in ihren mächtigen Kisten die Herrscher über die (Gemeinde-)Straßen und andere Verkehrsteilnehmer oder über den Autolärm klagende Anrainer nachrangig sind. Ein Egoismus, der sich auch durch andere Lebensbereiche zieht, aber das nur nebenbei.

Nun gibt es natürlich Argumente dafür, dass auf sicheren Autobahnabschnitten weiterhin 130 km/h und auf der Hauptdurchzugsstraße 50 die Regel bleibt. Aber was Ortsgebiete betrifft (und nicht nur die Zonen vor Schulen), empfiehlt sich, wie so oft, ein Blick in andere Länder, wo Bodenwellen oder gezielte Verschmälerungen der Straßen eine Selbstverständlichkeit sind.

Ja, es braucht ein bisschen Mut der Bürgermeister, Tempo 30 umzusetzen und die Raser vor den Kopf zu stoßen. Aber am Ende werden jene Gemeinden die lebenswertesten sein, die sichere und sinnvolle Verkehrskonzepte haben. Rasen ist nicht mutig, sondern dumm, Bremsen ist klug.

Tempo 30: Runter vom Gas in den Ortsgebieten

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