Die nächste blaue Ohrfeige

Die nächste blaue Ohrfeige
Die steirische Wahl ist für die ÖVP ein Desaster. Kanzler Karl Nehammer hat nun auch innerparteilich ein großes Problem.
Martin Gebhart

Martin Gebhart

Dass der Blaue Mario Kunasek am Ende des Tages als Wahlsieger gefeiert wird, war keine so große Überraschung. Alle Meinungsumfragen haben die FPÖ zuletzt vor der Landeshauptmannpartei ÖVP gesehen. Dass der Abstand zwischen diesen beiden Parteien aber so groß ist, fast zehn Prozentpunkte beträgt, das ist eine politische Ohrfeige.

Schwarz und Rot haben jetzt im Landtag keine Mehrheit mehr, können somit die Freiheitlichen nur schwer ausbremsen.

Dass es in Graz dann möglicherweise genauso wie in Wien eine schwarz-rot-pinke Koalition gibt, um einen blauen Landeshauptmann zu verhindern, ist rechnerisch eine sehr instabile Variante, weil nicht einmal diese drei Parteien zusammen eine klare Mehrheit im Landesparlament haben. Im Gegensatz zum Nationalrat.

Wien ist Reizwort

Wien ist derzeit ja das Reizwort in der steiermärkischen ÖVP. Landeshauptmann Christopher Drexler legte am Wahlabend jegliches steirische Selbstbewusstsein ab und machte allein die Bundespolitik für das Debakel verantwortlich. Er attackierte den Bundespräsidenten, weil dieser entgegen den Usancen nicht Herbert Kickl den Auftrag zur Bildung einer Regierung gegeben hatte. Gemeint hat er damit aber auch die Bundesregierung, weil er diese für die Missstimmung in der Bevölkerung verantwortlich macht. Dass auch hausgemachte steirische Probleme das Minus bewirkt haben, wollte er nicht gelten lassen. Was eine sehr eingeschränkte Sicht der Dinge ist.

„Seinen“ Bundeskanzler Karl Nehammer hat Drexler zwar nicht direkt attackiert, die Botschaft war aber klarerweise an ihn gerichtet. Bei keiner anderen Landtagswahl war die Regierungspolitik in Wien so in die Ziehung genommen worden, obwohl es zuletzt fast immer herbe ÖVP-Verluste gegeben hat. Für den türkisen Bundesparteichef wird die Arbeit damit nicht leichter. Neben dem Kunststück, mit so schwierigen Partnern wie der SPÖ und den Neos eine Dreier-Koalition zu bilden, muss er nun auch innerparteilich aufzeigen. Der Abrechnung von Drexler könnten bald auch Stimmen aus anderen Bundesländern folgen. Vor allem, wenn das ausverhandelte Regierungspaket in den Bundesländern keinen Gefallen findet. Das wird es auch nicht, wenn die drei Verhandlungsteams nicht endlich eine gemeinsame Erzählung finden, warum und wie sie Österreich wieder aufrichten müssen.

Zurücklehnen können sich hingegen die Freiheitlichen. In der Steiermark wird ihnen angesichts des Ergebnisses der Landeshauptmann kaum zu nehmen sein. Das wäre dann bereits das fünfte Bundesland, in dem die Blauen (mit-)regieren. Auf Bundesebene wiederum kann Herbert Kickl in der Rolle des Beobachters verharren. Die scheint ihm ohnehin besser zu gefallen als die Bürde, in so schwierigen Zeiten in einer Bundesregierung zu sitzen.

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