Zum Tod von Richard Lugner: Er war der letzte Hofnarr

Richard Lugner
Bisher galt Peter Prosch als Österreichs letzter Hofnarr, ein klein gewachsener Tiroler, der 1757, damals ein 13-jähriges Kind, plötzlich vor Maria Theresia stand. Er konfrontierte sie mit seinem Wunsch nach einer Schnapsbrennlizenz, sie fand ihn wahn-sinnig lustig und gab ihm nicht nur die Lizenz, sondern auch Geld für die Unternehmensgründung und einen Job am kaiserlichen Hof. So wurde er zu einem hochgeschätzten und weit über die Grenzen Österreichs hinaus bekannten Hofnarren.
Was das mit Richard Lugner zu tun hat? Einiges. Der Baumeister stand durchaus in der Tradition der Hofnarren – und das ist keine Beleidigung, sondern fast ein Adelsprädikat. Hofnarren hatten eine zentrale Funktion: Sie erinnerten die Herrscher an ihr Dasein als Sterbliche, sie konnten unter dem Deckmantel des Humors und Klamauks Dinge sagen, für die andere geteert und gefedert worden wären, sie waren das Bindeglied zwischen Volk (und dessen Meinung) und der Macht. All das traf auf Richard Lugner zu. Somit hat er den Tiroler Peter als letzten Hofnarren abgelöst. Bei „Wir sind Kaiser“ mit Robert Palfrader trat er sogar in dieser Rolle auf.
Lugner war ein erfolgreicher Geschäftsmann, halt nicht als Schnapsbrenner, sondern als Baumeister. Er machte sich – freiwillig – zum Clown, dem nichts peinlich war. Er kaufte sich den Glamour, den er selbst mit keiner Faser ausstrahlte, und begann neben eingekauften Hollywood-Stars, die er mit viel Geld zum Opernball holte, selbst zu leuchten. Man schaute ihm mit einer Mischung aus Bewunderung und Fremdschämen dabei zu. Aber man sprach über ihn, das war für das PR-Genie das Wichtigste.
Wie ein echter Hofnarr mischte er auch politisch mit. Er erreichte 1998 bei der Wahl zum Bundespräsidenten knapp zehn Prozent – heute würde ein jüngerer Lugner problemlos den Einzug ins Parlament schaffen. Aber kaum jemand hätte sich wohl ernsthaft vorstellen können, einen solchen Kandidaten, der von seinem Multikulti-Palast aus über eben diese Multikulti-Gesellschaft wetterte, in einer hohen politischen Funktion zu sehen.
Am absurdesten war sein Verhältnis zu Frauen, die er wie einen Zoo hielt. Er hat für seine Brautwerbung früh das Prinzip Castingshow entdeckt. Andererseits war das Antifeminismus pur.
Sich selbst sah Lugner nicht nur als Hofnarr, sondern auch als König: Er zählte in Deutschland zu den bekanntesten Österreichern, er war der Inbegriff unserer Society, was einiges über deren Entwicklung aussagt.
Der Stadtbaumeister vom Gürtel wird diesem Land fehlen, jede Gesellschaft braucht Clowns, die ungeniert die Wahrheit sagen dürfen, die Dinge tun, die andere nie wagen würden, die große Themen zur leichten Muse machen. R. I. P. – nach einem so erfüllten Leben hat er sich Ruhe verdient.

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