Anfang 2023 wiederholte sich – wenn auch nicht so heftig wie 2016 – die Aufregung über Österreich: Kanzler Nehammer und Innenminister Karner blockierten die Schengen-Erweiterung mit Rumänien und Bulgarien. Wirtschaftlich problematisch, politisch aber nachvollziehbar: Wie soll ein Raum erweitert werden, wenn selbst „Musterschüler“ Deutschland Grenzkontrollen gegenüber Schengen-Mitgliedern wie Österreich durchführt? Seit April dieses Jahres ist zumindest der Flugverkehr mit Bulgarien und Rumänien liberalisiert.
In den vergangenen Jahren wurde alles kritisiert, was nach Restriktion roch: selbst Deutschförderklassen oder der DNA-Test für den vor allem nach Wien stark anschwellenden Familiennachzug (der sich danach reduzierte).
Doch im Spätsommer 2024 herrscht plötzlich Konsens über mehr Härte. Und Medienvertreter, die früher jede Abschiebung als Menschenrechtsverletzung geißelten, wollen jetzt immer schon vor islamistischen Umtrieben gewarnt haben. Nun ja.
Auch Deutschlands roter Kanzler diskutiert unter dem Eindruck des Messerterrors in Solingen so manches, was als unmöglich galt: Abschiebungen nach Syrien und Afghanistan zum Beispiel. Tatsächlich ist das schwierig, weil mit den Taliban offiziell ja keiner redet. Dennoch haben die Deutschen jetzt den ersten Abschiebeflug seit 2021 nach Kabul mit 28 Straftätern vollzogen. Es sollen außerdem Möglichkeiten geschaffen werden, Radikalisierung im Netz zu durchleuchten (in Österreich hingegen wird ein Vorschlag zur Überwachung von Messenger-Diensten blockiert). Man überlegt gar, ob es rechtlich möglich wäre, Menschen an der Grenze wegen der „nationalen Notlage“ in Deutschland zurückzuweisen, auch wenn sie „Asyl“ sagen.
In Österreich und Deutschland haben politische Naivität, Wegschauen und „moralische“ Abgrenzung gegenüber Kritikern einer ungesteuerten Zuwanderung zu falscher Toleranz gegenüber Intoleranten geführt. Vieles, was (auch von kirchlichen Gruppen und engagierten Bürgern) gut gemeint war, hatte problematische Folgen. Wer übernimmt eigentlich die Verantwortung dafür? Es ist fünf nach zwölf.
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