Freie Fahrt: Die Letzte Generation gibt auf, die Motoren heulen los

Freie Fahrt: Die Letzte Generation gibt auf, die Motoren heulen los
Die jungen Menschen waren nicht so super Kleber. Aber ist das wirklich nur Grund zur Freude?
Gert Korentschnig

Gert Korentschnig

Die Letzte Generation hat einiges richtig gemacht, allein die Wahl des Namens. Sie ist wirklich die letzte Generation, die etwas ändern kann, daran sollte außer Trump und ein paar Capitol-Erstürmern niemand mehr zweifeln.

Die Letzte Generation hat es konfrontativ geschafft, politische Gräben offenzulegen – wenn auch mit dem Anspruch, die Dinge von außen zu verändern, statt sich intern, also direkt in der Politik, zu engagieren. Andererseits kann man sich in etwa vorstellen, was passiert, wenn eine junge Frau zur Anti-Klimaschutz-Partei Nummer 1 (wahrscheinlich die FPÖ) geht, um dort ein Umdenken zu bewirken.

Und die Letzte Generation hat als Mini-Gruppierung eine öffentliche Aufmerksamkeit erzielt, die mit größtem Marketingaufwand nicht möglich wäre.

Aber die Letzte Generation hat das Allermeiste falsch gemacht. Sie hat mit ihren Aktionen den Finger auf so viele Schmerzpunkte gelegt, dass selbst potenzielle CO2-Vermeider aggressiv reagierten.

Sie hat damit jene, die sie zur Unterstützung ihrer Ziele so dringend braucht, nämlich breite Teile der Bevölkerung, zum Glühen gebracht, durchaus mit ihren Boliden.

Sie ist so weit gegangen, dass sie unfreiwillig zum Wahlhelfer jener Parteien wurde, die einschneidende Klimaschutzmaßnahmen am heftigsten bekämpfen. Der Sager vom „Autoland Österreich“ etwa war nicht nur gegen grüne EU-Pläne in Hinblick auf den Verbrennermotor, sondern bestimmt auch gegen die Letzte Generation gerichtet – und der Kanzler hat dafür viel Zustimmung gekriegt.

Und die Letzte Generation hat Idiotien begangen wie das Beschütten von Kunstwerken (als Aufschrei, wie sehr unsere ganze Kultur gefährdet ist), für die es keine Akzeptanz gibt. Mit all diesen Aktionen hat die Letzte Generation ein grundvernünftiges Thema wie den Klimaschutz noch mehr zu einer radikal-ideologischen Frage gemacht, fast wie die Coronaimpfung. Mehr kontraproduktiv geht nicht.

Dennoch ist das (Motoren-)Triumphgeheul anlässlich des vermeintlichen Sieges gegen die gar nicht so suprigen Kleber fehl am Platz. Das Problem, dass Maßnahmen gegen die Erderwärmung dringend nötig sind, bleibt bestehen, auch wenn die Südosttangente wieder voll genützt werden kann. Die freie Fahrt ist auch eine solche Richtung Hitzeschlag für den Planeten.

Was es nun auch dringend bräuchte: Mehr positive Anreize für den Klimaschutz (ein Lob für bereits bestehende Fördermodelle!) statt einer negativen Verbotskultur; sowie die Einsicht, dass es in der Gegenwart um die Zukunft geht.

Die Letzte Generation hat die Menschen massiv verstört. Jetzt geht es wieder um Entstörung und einen Fokus auf die Sache, einen gemeinsamen Klebstoff. Es darf nicht so leicht sein, dieses unangenehme Thema wieder zu ignorieren.

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