Lasst Orbán den Rebellen spielen!

Lasst Orbán den Rebellen spielen!
Ungarns Premier wird seine liebste Pose auch für den EU-Ratsvorsitz nützen. Kann er, solange er Regeln und Gesetze befolgt.
Konrad Kramar

Konrad Kramar

Man muss Viktor Orbán nur einmal bei einem EU-Gipfel erlebt haben, dann weiß man, mit welcher Leidenschaft er den Rebellen spielt. Das mag an seiner – leider sehr lange vergangenen – Vergangenheit als liberaler Oppositioneller liegen, dient aber wohl viel mehr dazu, auf der Klaviatur ungarischer Gefühle die vermutlich liebste Melodie unserer Nachbarn zu spielen: die des von bösen ausländischen Mächten unterdrückten Volkes. Ob es einst die Habsburger waren oder später die sowjetischen Besatzer und heute die EU: Immer gibt es da jemanden, der Ungarn Regeln aufbürdet und dazu den Helden, der sich für sein Volk dagegen auflehnt.

Da werden bereitwillig jene Teile der Geschichte unter den Tisch gekehrt, die nicht zu diesem Mythos passen: dass Ungarn in der Habsburgermonarchie selbst andere Völker nach seiner Pfeife tanzen ließ, dass der Sowjetkommunismus in Ungarn Tausende bereitwillige Helfershelfer vorfand, oder dass Ungarn über Jahrzehnte der größte Pro-Kopf-Empfänger von EU-Fördergeldern war.

Doch die Rebellenpose funktioniert nach wie vor, also wird Orbán gerade im kommenden halben Jahr, wenn Ungarn die Ratspräsidentschaft innehat, sich mit seinen allzeit bereiten Vetos gegen EU-Beschlüsse querlegen, etwa gegen finanzielle Hilfe für die Ukraine oder weitere Schritte bei der Umsetzung des Migrationspakts.

Wie also damit umgehen? 

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