Darüber hinaus hat Österreichs Sieg aber noch so viele andere Facetten. Und man sieht wieder einmal, dass Kunst (ja, selbst diese schrille, nicht immer geschmackssichere Form der Unterhaltung ist Kunst) eine größere Bedeutung für die Gesellschaft hat, als es viele wahrhaben wollen.
Dank JJ erlebt das Land, zumindest kurzfristig, wieder eine Euphorie, für die zuletzt nur das Fußball-Nationalteam gesorgt hat, wenn auch in den Resultaten weit weniger erfolgreich. Diese Welle der Begeisterung für JJ, die seit Sonntagnacht über das Land schwappt, tut gerade in schwierigen Zeiten gut. Bestimmt können sich nicht alle unterschiedlichen Gruppierungen auf JJ verständigen, das muss auch nicht sein, Kunst darf polarisieren. Aber für das Selbstbewusstsein haben selbst solche vordergründig banalen Ereignisse großen Wert. Die Welt (ja, beim Song Contest schaut, im Gegensatz zum Skifahren, wirklich die Welt zu) hat Österreich einen Abend lang als musikalisch talentiertes, auf Qualität fokussiertes und auch weltoffenes Land wahrgenommen, das Liebe statt Hass predigt. Vielleicht ist es ja gar nicht so schlecht, wenn man in Zeiten wie diesen eine liberale Grundhaltung ausstrahlt. Jahrelange (vor allem nach Schwarz-Blau I) hatte man bei den Votings das Gefühl, dass Österreich auch beim ESC sanktioniert werden sollte. Das ist erfreulicherweise vorbei.
Der Sieg von JJ zeigt aber auch, welch glückliches Händchen die ORF-Verantwortlichen bei ihrer Auswahl dieses Mal hatten. Und dass es besser ist, mit Exzentrik und Niveau aufzufallen, statt sich in der Masse zu verstecken.
Es ist auch für das Musikland Österreich, für die musikalische Ausbildung in diesem Land und für die Wiener Staatsoper schön, dass jemand, der aus diesem Stall kommt, nun so erfolgreich ist. Eine klassische Ausbildung ist also niemals falsch, nicht nur im Musikfach.
Freuen wir uns mit JJ so lange wie möglich, der Streit über die Kosten des ESC 2026 kommt früh genug. Und würdigen wir zielstrebige junge Menschen, die sich nicht mit dem Mittelmaß zufrieden geben. JJs Gesang wird man nicht nacheifern können. Aber seine Haltung.
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