Inzwischen hat die EU 13 Sanktionspakete gegen Russland geschnürt. Dennoch steht die russische Wirtschaft viel besser da als die europäische. Wie das? Nun: Die Sanktionen waren politisch notwendig, aber oft nicht zu Ende gedacht. Man hätte überlegen müssen, wie man mit den Sanktionen Geld und sogenanntes humanes Kapital, also etwa Facharbeiter, aus Russland abzieht, sagt der in den USA wirkende russische Ökonom Wladislaw L. Inosemzew.
Ein weiterer Fehler, der den EU-Granden unterlaufen ist, ist der der Selbstüberschätzung. Die Macht der EU als globaler Wirtschaftsstandort nimmt ab. Das ist in Europa noch nicht angekommen. Dazu nur ein paar Daten. Die finanziellen Verluste durch die europäischen Öl-Sanktionen hat Russland längst egalisiert. Jetzt gehen 90 Prozent der Öl-Exporte nach Indien und China. Die EU-Exporte nach Russland sind aufgrund der Sanktionen zwar insgesamt auf ein Drittel des Vorkriegsniveaus eingebrochen. Dafür stammen mehr als die Hälfte der in Russland eingeführten Güter jetzt aus China – vor dem Krieg waren es 20 Prozent gewesen. Die Türkei hat ihre Exporte nach Russland sogar verdreifacht.
Die Türkei und China gelten als Hochburgen für die Umgehung der Sanktionen. Man kauft die sanktionierten Güter im Westen ein und verkauft sie dann an Moskau weiter. Die EU muss dabei tatenlos zusehen. Weil sie politisch machtlos ist. Die Türkei soll all die Flüchtlinge in ihrem Land behalten und ja nicht über die Ägäis schicken. Und fällt in China ein Rad um, brechen in der EU ganze Lieferketten zusammen.
Es ist mittlerweile eine böse Ironie der Geschichte, dass nur ein Ende des Krieges der russischen Wirtschaft wirklich schaden würde. Ein Drittel seines Budgets steckt der Kreml inzwischen in den Verteidigungshaushalt, so dass einzelne Branchen wie der Rüstungssektor oder auch das Baugewerbe enorm wachsen, analysiert das Wiener Institut für Internationale Wirtschaftsvergleiche. Frieden wäre für Russland gleichbedeutend mit Abschwung. Putin wird also einen Teufel tun und auch nur im Ansatz an Waffenstillstand denken. Er wird weiter Krieg führen. Und dieser Krieg wird, wie Inosemzew sagt, nicht über die Wirtschaft, sondern auf dem Schlachtfeld entschieden werden.
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