Nun spricht er vom „offenen Dreikampf“, in den die SPÖ mit „nur“ zwei Prozentpunkten Rückstand startet. Gewichtige Argumente sprechen gegen eine rote Aufholjagd. Da wäre einerseits die Konkurrenz im linken Lager. Bei der Nationalratswahl muss sich die SPÖ mit der unberechenbaren Bierpartei sowie mit wohl stärkeren Kommunisten und Grünen ohne Lena Schilling auseinandersetzen. Zweitens: Der Wählerblock rechts der Mitte ist gefestigt. Von ÖVP und FPÖ konnte die SPÖ bei der EU-Wahl keine Stimmen gewinnen.
Bablers Erzählung, nur er könne einen Rechtsruck verhindern, zerbröselt mit der Ansage. Das zentrale Anliegen von Rechten, Konservativen und Bürgerlichen ist seit der Flüchtlingskrise 2015 der Wunsch nach einer härten Migrationspolitik. Ein Thema, bei dem Babler gerne Altkanzler Franz Vranitzky zitiert: „Von Festungen bleiben nur Ruinen übrig.“ Frei übersetzt: Robuste Außengrenzen schaden Europa. Die aktuellen Aufmärsche von Kalifat-Schreiern und muslimischen Antisemiten konterkarieren diese Botschaft genauso massiv, wie jedes weitere islamistische Attentat.
Zwei rote Denkschulen bei der Migration
Bei der Migration prallen nun wiederholt zwei rote Denkschulen aufeinander: Tirol oder das Burgenland fordern eine radikale Kurskorrektur, bis hin zu Obergrenzen. Die Wiener SPÖ hält es für sinnvoller, links der Mitte so viele Stimmen wie möglich einzusacken und bei der Migration pragmatisch zu bleiben. Hauptgrund: Die Zuwanderung ist kein Kernanliegen ihrer Wähler, sondern soziale Themen – Teuerung, Pflege, Wohnen. Wien fordert zudem ein schärferes Profil beim Klimaschutz. Letzteres hat die SPÖ bereits bei der EU-Wahl postuliert – und den Grünen beachtlich viele Wähler abgeluchst.
Inhaltliche Grundsatzdebatten sind aber nicht das Hauptproblem der SPÖ. Das ist ihr chronischer Mangel an Zusammenhalt, an „Freundschaft“. Keine Partei ringt so öffentlich um Positionen und Personalien. Im Positiven könnte man meinen: Die Sozialdemokratie lebt die „Demokratie“. Dabei wirkt sie aber oft ziemlich asozial und desavouiert ihre Parteivorsitzenden genüsslich. Etwa, als Hans Peter Doskozil am Montag verkündete, nach der Nationalratswahl eine Obmann-Debatte führen zu wollen.
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