Nach dem Sieg gegen die Niederlande war hier zu lesen, dass es gar nicht leicht sei, mit solchen Erfolgen umzugehen. Mindestens so sehr gilt diese Diagnose für Niederlagen. Das 1:2 gegen die Türkei hat zwar den Aufstieg ins Viertelfinale verhindert und war richtig traurig, die Teamkicker und ihr Trainer sind aber um nichts schlechter als am Tag davor und schon gar nicht die Loser, als die Sportler oft hingestellt werden. Fürs kollektive Nörgeln – eine Disziplin, in der wir Europa-, wenn nicht Weltmeister sind – besteht kein Grund. Ebenso wenig waren die Spieler in der Vorrunde die weltbesten.
Die ausgehungerte Sportnation muss einen analytischen, weder verherrlichenden, noch zerstörerischen Umgang mit Ergebnissen erst lernen. Vielleicht sogar von Ralf Rangnick, der diese Tugend zweifellos beherrscht.
Interessant ist in diesem Zusammenhang ein Vergleich mit der Kunst, der hinkt wie ein verletzter Fußballer, aber einiges aussagt über den Umgang mit Personen öffentlichen Interesses. Wenn uns im Kulturbereich etwas nicht passt, werden die Protagonisten rasch als Staatskünstler denunziert. Der Begriff des Staatskickers bei Niederlagen hat sich zumindest bisher nicht durchgesetzt. Auch der Terminus Nationalteam ist nur positiv gemeint, vielleicht auch weil sich die Spitzenpolitik so sehr eins mit dem Sport macht.
Was von der EM definitiv bleibt: Dieses Team hat ein Gefühl der Zusammengehörigkeit entfacht, die dringend nötig war. Leider gibt es immer wieder Idioten wie die „Ausländer raus“-Rufer, die solche Momente mit braunem Dreck übergießen, eine Schande. Auch dafür (oder dagegen) hat Rangnick klare Worte gefunden.
Besonders erfreulich waren der Optimismus und die Euphorie vor und während der Spiele. In keinem anderen Land wird sonst das „Potscherte Leben“ so gern besungen wie bei uns: „I hob verlurn“, „Ana hot immer des Bummerl“, die Liste der Versager-Songs ist endlos. Ist ja schön, diese Melancholie, die schicksalsergebene Hilflosigkeit. Aber Dinge wieder konstruktiv anzugehen, statt am Stammtisch oder in der Wahlzelle nur zu protestieren, gemeinsame Interessen vor Egoismen zu stellen, auch das könnte man von dieser EM mitnehmen.
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