Es geht also um nicht weniger als um unser aller Zukunft in einer extrem komplexen Welt und den drohenden Bedeutungsverlust unseres Kontinents.
Es geht darum? Irrtum, es ginge darum. Konjunktivisch. Denn was wir im Moment im EU-Wahlkampf erleben, ist das Gegenteil einer Auseinandersetzung mit den zentralen Themen unserer Zeit. Wir erleben nicht einmal Stellvertreter-Debatten, sondern bestenfalls Sticheleien in einem Mikrokosmos. Es verlangt ja niemand, dass in einem Wahlkampf, der per se immer ein populistisches Fundament hat, die intellektuellen Möglichkeiten ausgeschöpft werden. Aber die grassierende Verzwergung ist traurig und kontraproduktiv. Wir diskutieren über das Verhalten und die Glaubwürdigkeit einer 23-jährigen Grünen (unabhängig von der konkreten Person: ein Hoch auf alle Jungen, die sich politisch engagieren!) und über ein Ehepaar, dessen Einfluss auf Europa kleiner nicht sein könnte. Wir debattieren schon jetzt, was am 10. Juni, dem Tag nach der EU-Wahl, in Hinblick auf die Nationalratswahl passieren werde, ob sämtliche jetzigen Parteichefs als Spitzenkandidaten ins Rennen gehen werden. Und wir reden, gebetsmühlenartig wie bei jeder Wahl, über die Festung Europa, weil der Umgang mit dem Thema Migration offenbar entscheidend ist (war zuletzt bei der Wahl in Salzburg nicht der Fall, aber egal).
Beachtlich sind in diesem Zusammenhang die Plakate der Parteien. Nicht wenige distanzieren sich von Brüssel, die FPÖ schießt geschmacklich wieder übers Ziel, geht wohl nicht anders. Und pars pro toto für diese Wahl sei ein Slogan erwähnt, der ob der Enns plakatiert (und wenigstens intern umstritten) ist: „In Brüssel zählt für mich nur eines: Oberösterreich“, sagt die Wahlwerberin, die auch will, dass man ihren Namen, Winzig, neben den Kreis mit der ÖVP schreibt. Warum eigentlich ganz Oberösterreich? Warum nicht nur das Hausruckviertel? Oder eine kleine Gemeinde?
Kein oberösterreichisches Phänomen. Am Ende geht es doch in ganz Österreich stets um die innere Provinz. Auch bei einer Europawahl.
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