Palästina-Anerkennung: Empörend
Andreas Schwarz
22.05.24, 18:00Nun wollen also Norwegen, Spanien und Irland einen unabhängigen palästinensischen Staat anerkennen. Das ist grundsätzlich nicht ungewöhnlich: Von den 193 Mitgliedsstaaten der UNO haben 143 den Staat Palästina anerkannt, darunter die Sicherheitsratsmitglieder China und Russland, aber auch eine Reihe von EU-Staaten wie Ungarn, Polen oder Schweden.
Das Ziel dieser Anerkennung (außer bei jenen Staaten, die Israel gleichzeitig nicht anerkennen): die Durchsetzung einer Zweistaatenlösung am Brennpunkt des Nahen Ostens seit bald einem dreiviertel Jahrhundert.
Der Anerkennungsschritt zum jetzigen Zeitpunkt ist dennoch empörend. Er bedeutet nicht weniger, als dass man nur ausreichend Juden grauenvoll abschlachten muss, um ein Ziel zu erreichen.
Denn das ist der Ausgangspunkt der jetzigen Lage in Israel, den besetzten Gebieten und dem Gazastreifen: Der Überfall der Hamas-Mörderbanden vom 7. Oktober, als radikalislamische Kämpfer im Süden Israels 1.170 Menschen – Frauen, Alte, Babys – erschossen, verbrannten, köpften, vergewaltigten und 252 Menschen verschleppten, von denen sich immer noch 124 in palästinensischer Gewalt befinden. Das wird nun belohnt?
Es gibt drei Voraussetzungen für eine Staatsanerkennung: das Vorhandensein eines geografischen Gebietes; ein Staatsvolk; und eine Staatsgewalt, im Idealfall ein Rechtssystem und eine stabile Regierung, die die effektive Gewalt ausübt.
Unabhängig von den Wurzeln und der Geschichte Israels, dem ursprünglichen Teilungsplan und den seither folgenden Kriegen: Im Gaza-Streifen hat die auch von der EU und den USA so benannte Terrororganisation Hamas die effektive Gewalt inne. Ihr erklärtes Ziel ist die Vernichtung Israels („from the river to the sea“). Dafür nimmt sie auch die eigene Bevölkerung als Geiseln und ihre Tötung gerne in Kauf – die inzwischen Zehntausenden Toten bei den israelischen Operationen im Gazastreifen nutzen dem Zweck der Terroristen.
Und just jetzt wird Palästina anerkannt? Warum nicht auch Katalonien in Spanien oder La Réunion weg von Frankreich?
Genauso empörend ist selbst für den zuletzt Israel-kritischen US-Präsidenten Joe Biden der vom IStGH-Ankläger beantragte Haftbefehl gegen Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu. Nicht, weil Israel nicht übers Ziel schießen würde in seiner Reaktion auf das größte Verbrechen an Juden seit dem Holocaust; sondern weil das Faktum, Netanjahu und seinen Verteidigungsminister mit den ebenfalls angeklagten Hamas-Chefs Yahya al-Sinwar, Mohammed Deif und Ismail Haniya auf eine Stufe zu stellen, eine verheerende Botschaft sendet: Israel darf sich gegen die neuzeitliche Shoa besser nicht wehren. Und wird bestraft, indem es mit den Massenmördern als staatsanerkannten Nachbarn leben muss.
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