Der Wahlkampf ist bisher eine Art Therapiestunde. Aber es geht nicht um die beste Therapie für dieses Land, sondern man schaut freudlosen Politikern bei der Aufarbeitung ihres eigenen Arbeitsleides zu. Alles so furchtbar in diesem Land, das Budget, die Asylzahlen, das Gesundheitssystem, der Bildungsbereich, die Angst vor teurem Diesel und die noch größere vor fehlenden E-Lade-Stationen, die armen Kinder müssen sogar gebrauchte Schuhe tragen … Wo soll das alles noch hinführen?
Wer den Wettbewerb der Parteien verfolgt, gewinnt nicht den Eindruck, dass der Glauben an dieses Land und eine schöne Zukunft besonders ausgeprägt ist. Die besorgten Bürger werden über-, die optimistischen massiv unterbedient. Stimmen gewinnt man offenbar umso leichter, je größer die Angst ist. Angeblich gibt es schon Buchmacher, die Wettquoten anbieten wollen, welche Politiker öfter als einmal pro Sendung lächeln, im Moment liegt Beate Meinl-Reisinger voran. Bei den meisten Diskussionen herrscht böse Miene zum (in Österreich immer noch) guten Spiel.
Wenn die Rechtsaußenfraktion „5 gute Jahre“ plakatiert, sehen das nicht einmal blaue Anhänger als positive Ansage, sondern als Absage an die aktuelle Regierung. Und die Grünfraktion baut in ihren Wahlkampf den Konjunktiv ein: „Wähl, als gäb’s ein Morgen“ – angedeutete Konstruktivität, aber über die Bande des Negativismus gespielt. Von echter Zukunftsorientierung, von Aufbruchstimmung keine Rede. Man muss es ja nicht so bemüht lachend machen wie Kamala Harris, passt nicht zum hiesigen Grant. Aber ein bisschen Gesichtstraining in Richtung hochgezogener Mundwinkel stünde auch Austro-Politikern nicht schlecht.
Diese Öde statt Freude schlägt sich auch auf die Wähler nieder. Garantiert kennt jeder der p. t. Leser Unentschlossene, die noch keine Ahnung haben, wem sie ihre Stimme geben sollen, geschweige denn wollen und die primär überlegen, wie sie jemand anderen verhindern können.
Hat ja in Österreich Tradition, dagegen zu sein ist leichter, als sich zu bekennen, nicht nur bei Wahlen. Aber so viele Strategen, die mathematische Modelle erstellen und mehr an erwünschte oder missliebige Koalitionen denken als an die Unterstützung einer Partei, gab es wohl selten. Vermutlich entscheiden sich gar nicht Wenige bei dieser „Ja, aber“-Wahl für das geringere Übel, weil im Zeitalter der Ausgrenzung und Inhaltsleere auch ihnen das Lachen vergangen ist.
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