Speziell in den Entwicklungs- und Schwellenländern sind Demokratien der Analyse zufolge klar in der Minderheit. Vor allem die Pandemie verschlechterte die Lage in vielen Demokratien.
Weltweit gibt es derzeit 18 Staatschefs, die inzwischen mehr als 20 Jahre an der Macht sind. Das zeigen Daten des Global Leadership-Projekts. 14 davon sind Diktatoren. Auffallend: Unter diesen Staaten steigt das Bruttoinlandsprodukt pro Kopf über die Jahre konstant an. Das haben die Politikwissenschaftler Daniel Stockemer und Steffen Kailitz in ihrer Studie „Wirtschaftliche Entwicklung. Wie beeinflusst sie das Überleben verschiedener Arten von Autokratie“ errechnet. Beispiel Russland. Weil die Sanktionen von Drittstaaten umgangen werden und die Rüstungsindustrie boomt, verzeichnet Russland ein Wirtschaftswachstum. Was sagt das aus? Dass die Autokraten (sieht man einmal von Nordkorea und dem Iran ab) fatalerweise gelernt haben. Wer absolut herrschen will, sollte die Bevölkerung nicht nur unterdrücken, sondern ihr ein Mindestmaß an wirtschaftlichem Wohlstand gönnen. Die Kommunisten in China beherrschen das seit 40 Jahren nahezu perfekt. Ihr Deal mit dem Volk lautet: Wir geben euch Wohlstand, dafür verzichtet ihr auf Freiheit.
Und was bedeutet das für die westlichen Demokratien? Dass auch sie unter Druck geraten. Die Formel „Diktatur ist gleich wirtschaftliches Desaster – Demokratie ist Aufschwung“ funktioniert nicht mehr. Schon vor über zehn Jahren wurde in Deutschland unter Intellektuellen ernsthaft darüber diskutiert, ob man nicht ein klein wenig von China lernen könne. Dort würden notwendige Entscheidungen wie etwa beim Umweltschutz viel rascher exekutiert. Dramatischer ist das Beispiel Donald Trump. Für viele Amerikaner sind dessen totalitäre Avancen (Sturm aufs Kapitol) kein Problem. Und obwohl in fast allen EU-Ländern umfassende Milliarden-Hilfspakete gegen die Folgen von Covid und Inflation geschnürt wurden, suchen immer mehr Menschen in den scheinbar einfachen Lösungen, die ihnen Rechts- wie Linkspopulisten versprechen, ihr Heil. Wie sagte der große österreichische Kulturhistoriker Friedrich Heer (1916 – 1983) in puncto Demokratie: „Man könnte aus der Geschichte lernen. Aber sie hat keine Schüler.“
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