Die Flut geht, die Häme-Flut bleibt

Gummistiefel oder Halbschuhe? Feuerwehrjacke, Pulli, Anzug oder hemdsärmelig? Schaufel in der Hand? Vor Ort mit der Kamera im Schlepptau oder lieber abseits des Scheinwerferlichts? Wenn Naturkatastrophen das Land heimsuchen, steht die Politik unter scharfer Beobachtung: Fehler können über den Wahlausgang entscheiden. Wer zu präsent ist, dem wird Überinszenierung vorgeworfen. Wer zu zurückhaltend agiert, gerät in den Verdacht der Herzlosigkeit. In so einer Situation kann es die Politik niemandem recht machen.
Zur Flut gesellte sich in den vergangenen Tagen die Häme-Flut. Darüber, dass rein „zufällig“ ein Kamerateam dabei war, als Umweltministerin Gewessler medienwirksam (ausgerechnet) an einer Tankstelle mit einem Besen in der Hand mithalf. Wo hatte Landeshauptfrau Mikl-Leitner auf die Schnelle ihre blaue Einsatzjacke, sogar mit eingestickter Amtsbezeichnung und fettem Landeswappen, her? Welch lächerliches Schuhwerk trug ihr blauer Stellvertreter Landbauer im Gatsch? War der Feuerwehranzug von Andreas Babler eine Art kultureller Aneignung? Kassiert der Kanzler nun die Quittung seines „Autolandes“? Und wo war eigentlich FP-Chef Kickl?
Diese politische neben der realen Schlammschlacht ist gefährlich, weil es die Autorität der gesamten Politik untergräbt und allen unterstellt, Falotten zu sein.
Keine herzlosen Zyniker
Das lässt extreme bzw. nicht staatstragende Kräfte wachsen. Im Grunde kann man davon ausgehen, dass unsere Volksvertreter – männlich wie weiblich – im Allgemeinen keine herzlosen Zyniker sind und alles in ihrer Macht Stehende tun wollen, um den Flutopfern zu helfen. Ja, natürlich werden wie nach der Corona-Pandemie viele Betroffene das wütende Gefühl haben, buchstäblich im Regen stehen gelassen worden zu sein. Aber Politikern pauschal zynisches Kalkül zu unterstellen, ist primitiv und demokratiezersetzend.
Landeshauptleute und Bürgermeister sind, wenn es in ihren Bereichen zu Katastrophen kommt, Krisenmanager. Es ist daher völlig in Ordnung, wenn sie sich in den Einsatz stellen, in welcher Kostümierung auch immer. Vom Bundeskanzler erwartet man in so einer Situation Umsicht, Koordination und staatsmännische Auftritte. Und wenn jemand Besen oder Schaufel in die Hand nimmt, ist es der (nicht immer geglückte) Versuch, Volksnähe statt Abgehobenheit zu beweisen. Na und? Da sind jedenfalls Briefe, in denen vor schwarz-blauem „Pensionsraub“ gewarnt wird, zynischer. Genauso wie giftige politische Schuldzuweisungen zur Katastrophe. Alle staatlichen Stellen und Tausende Helfer haben sich bemüht, noch größeren Schaden abzuwenden. Es war jedenfalls ein Weckruf in vielerlei Hinsicht. Auch einer zur politischen Kultur.
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