Endgültiges Koalitions-Aus: Das Scheitern war vorprogrammiert

Endgültiges Koalitions-Aus: Das Scheitern war vorprogrammiert
Der überraschende Ausstieg der Neos hat die Stimmung in der Bevölkerung gegenüber der Politik auf einen Tiefpunkt sinken lassen.
Martin Gebhart

Martin Gebhart

Hinweis: Der Leitartikel wurde nach dem Bekanntwerden des Abbruchs der Koalitionsverhandlungen aktualisiert. 

Neues Jahr, neuer Schwung. Für die Bundespolitik musste dieser Satz bereits wieder verräumt werden.

2025 war nicht einmal drei Tage alt, als Neos-Chefin Beate Meinl-Reisinger den Ausstieg aus den Koalitionsverhandlungen verkündete. Und jetzt haben auch noch ÖVP und SPÖ ihre Gespräche abgebrochen. Dazu verkündete Nehammer seinen Rücktritt. Das Ende einer politischen Talfahrt.

Dabei war Meinl-Reisinger noch von ihren pinken Funktionären und auch so manchen Beobachtern für ihren Schritt Respekt gezollt worden,  weil sie ihre Linien für Reformen nicht verlassen hat. In ihrer Erklärung hat sie das auch gut argumentiert. Ein kleiner Schönheitsfehler bleibt: Zuerst ein Ultimatum an die Verhandler von ÖVP und SPÖ zu stellen und erst dann die Reißlinie zu ziehen, wenn nichts davon erfüllt wird, wäre fairer gewesen. Und es wird ihr im Rückblick die Frage nicht erspart bleiben, ob man nicht trotz ungewünschter Kompromisse am Regierungstisch mehr bewegen kann als auf der Oppositionsbank. So hat sie den Stein ins Rollen gebracht, der am Ende zu dem totalen Abbruch der Gespräche geführt hat.

Zurück bleibt jedenfalls ein politischer Scherbenhaufen, über den sich nur FPÖ-Chef Herbert Kickl wirklich freuen kann. In der Bevölkerung wird auf das alles größtenteils nur noch mit Frust reagiert, das Ansehen der Politik ist auf einem noch nie da gewesenen Tiefpunkt.  Karl Nehammer und Andreas Babler hatten zwar  Bundespräsident Alexander Van der Bellen erklärt, nun an einer türkis-roten Koalition arbeiten zu wollen. Es fehlte aber bereits zu diesem Zeitpunkt  innerhalb und außerhalb der beiden ehemaligen Großparteien der Glaube daran, dass  diese Konstellation auch nur im Ansatz funktionieren könnte. 

Wer hätte auch dieses Bündnis zusammenhalten sollen, dessen Mehrheit im Parlament nur mit einem Mandat abgesichert ist? Die Pragmatiker in den beiden Parteien? Die haben sich schon in den Koalitionsverhandlungen nicht durchsetzen können. Die Sozialpartner? Die gelten zwar als stabilisierender Faktor, aber nicht als Motor für den Fortschritt. Und auch sie konnten am Verhandlungstisch keine verbindende Achse schaffen. 

Womit der Bundespräsident – ob er will oder nicht – doch noch Herbert Kickl aufs Spielfeld holen muss, will er nicht schnurstracks auf Neuwahlen zusteuern. Ob der dann eine Regierung zusammenbringt, ist genauso ungewiss. Wobei ihm speziell die ÖVP dann in neuer Familienaufstellung gegenübersitzen wird. Dass es so gekommen ist,  daran sind nicht nur Karl Nehammer, Andreas Babler und Beate Meinl-Reisinger schuld, da  muss sich jetzt auch Alexander Van der Bellen an seine Brust schlagen. Er ist einer der Mitverursacher dieses politischen Tohuwabohus. 

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