Die Wirtschaft muss warten: Es regiert das "Prinzip Hoffnung"

SONDERSITZUNG DES NATIONALRATES MIT BUDGETREDE: MARTERBAUER
Die Regierung hat ein ausgewogenes Sparbudget beschlossen, allerdings kein ambitioniertes. Was die Wirtschaft betrifft, regiert das "Prinzip Hoffnung".
Michael Hammerl

Michael Hammerl

Finanzminister Markus Marterbauer ist eine positive Überraschung. Er kann schlüssig erklären, in Interviews gibt er druckreife Antworten. Und, auch das ist eine Erkenntnis der ersten Regierungsmonate: Der linke Ökonom hat einen guten Ruf in der Regierung, auch zwischenmenschlich. Seine Schwächen? Nun, nach Marterbauers erster Budgetrede sei die Feststellung erlaubt: Ein großer Redner wird der 60-Jährige nicht mehr. Der Professor hat wortwörtlich eine „Vorlesung“ gehalten – und verschonte die Zuhörer mit Höhepunkten.

Das ist nicht schlimm. Die Arbeit des Finanzministers, vor allem des aktuellen, muss inhaltlich stimmen. Österreichs Schuldenstand ist bekanntlich explodiert, im Juli wird die EU erstmals ein Defizitverfahren über uns verhängen. Türkis-Rot-Pink hat deshalb ein „Sparbudget“ beschlossen.

Ausgewogenes Sparbudget

Positiv: Dieses wirkt ausgewogen. Es trifft alle, aber niemanden besonders stark. Kreativ oder gar ambitioniert ist dieser Haushalt aber definitiv nicht. Er reicht gerade noch, um die EU-Sparvorgaben zu erfüllen.

Gestrichen werden hauptsächlich Maßnahmen, die es in dieser Form nie hätte geben dürfen: Klimabonus für alle, nicht treffsichere Klimaförderungen oder die Bildungskarenz. Dass die Krankenversicherungsbeiträge der Pensionisten sich dem Niveau der arbeitenden Bevölkerung nähern, ist auch kein Ausdruck „sozialer Kälte“, wie FPÖ und Grüne andeuten – sondern nur fair. Kurzum: All das hätten auch vergangene Regierungen umsetzen können, eigentlich sollen. 

Von Sparen in der „Struktur“ oder langfristigen Reformen ist wiederum wenig zu sehen. Auch die angeblich größte Pensionsreform seit 20 Jahren, ab 2026, ist keine nachhaltige. Das zeigen Berechnungen der Neos. Nicht grundlos wollen die Pinken die nächste Regierung quasi dazu verpflichten, das gesetzliche Pensionsantrittsalter zu erhöhen. Auch die Erzählung, man würde vor allem „ausgabenseitig“ sparen, ist schwer belegbar. Dann würde die Steuer- und Abgabenquote nicht von 44,5 auf 45,5 Prozent der Wirtschaftsleistung (BIP) steigen.

Senkung der Lohnnebenkosten

Österreich zählte schon bisher zu den EU-Staaten, in denen vom Bruttolohn am wenigsten übrig bleibt. Und, zur Erinnerung: ÖVP und Neos haben in ihren Wahlprogrammen eine Abgabenlast von 40 Prozent versprochen, also das Gegenteil. Eine Senkung der Lohnnebenkosten ab 2027 steht unter „Budgetvorbehalt“ zwar im Regierungsprogramm“. Um diese finanzieren zu können reichen die Einsparungen, Stand heute, aber nicht aus.

Einzige Ausnahme, und darauf hoffen alle: Die Wirtschaft entwickelt sich doch positiver als gedacht. Laut Marterbauer gibt es dafür zarte Anzeichen. Er will für „Zuversicht“ sorgen. Man würde es ihm gerne glauben, in seiner Rede strahlte er selbige aber nicht aus.

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