Lasst uns das Land nicht armreden

Martina Salomon

Martina Salomon

Wenn man genau hinschaut, ist die Armut geschrumpft.

von Dr. Martina Salomon

über den Hang, das Land armzurechnen

In der Flut negativer Meldungen sollte man gelegentlich innehalten und sich daran erinnern: Ja, vieles in dem Staat und in der Stadt, in der wir leben, ist ärgerlich, manchmal sogar skandalös. Aber wer aus Distanz auf uns blickt, sieht noch immer eine "Insel der Seligen". Kein Wunder, dass so viele versuchen, hierherzukommen.

In letzter Zeit gab es wieder Versuche, die Situation schlechtzureden. Siehe die jüngste Einkommens-"Studie" der Statistik Austria. Der Verdacht liegt nahe, dass hier bewusst versucht wird, einen großen Teil der Österreicher armzurechnen, um den (nicht ganz unberechtigten) Ärger über den unersättlichen Staat auf die Gutverdiener umzulenken. Denen muss man nur etwas wegnehmen – und alles wird gut. Inklusive der never ending story von der Geschlechter-Einkommensschere.

Teilzeit für die Kinder

Wenn man genauer hinschaut, ist die Armut in Österreich geschrumpft. Und Frauen in Österreich verdienen statistisch auch deshalb weniger, weil viele (meist freiwillig) Teilzeit arbeiten. Etliche aus dieser Gruppe trübten früher keine Einkommensstatistik, weil sie nämlich daheim blieben. Die Frauenerwerbstätigkeit ist gestiegen. Teilzeit der Eltern nutzt den Kindern, erfreulicherweise nimmt auch die Zahl aktiver Väter zu.

Und dann gibt es wohl auch Frauen, die weniger arbeiten, weil der Partner ohnehin genug verdient. Das kann man skeptisch sehen, weil sie sich damit einer Ehe ausliefern, die vielleicht nicht ewig hält. Aber die Politik/die Unternehmer/die Reichen sollte man dafür nicht verantwortlich machen.

Vom oberen Einkommensdrittel darf man sich durchaus etwas abschauen. Die meisten sind aus eigener Leistung sowie Mut zum Risiko zu Wohlstand gekommen und investieren oft genug weiter ins eigene Unternehmen. Oder sie vermehren ihr Geld, indem sie es in (Immobilien-)Eigentum oder in Aktien statt im Sparbuch anlegen. Die Armen könnten sich das doch gar nicht leisten? Stimmt, die Gott sei Dank wachsende Mittelschicht aber schon. Weil speziell in Wien jedoch die Mehrheit in billigen, geförderten Wohnungen wohnt, sehen viele gar keine Notwendigkeit, sich Eigentum zu schaffen. Am Ende ist "arm", wer im Genossenschaftsbau lebt und sein Geld für Asien-Reisen ausgibt. Und "reich", wer im Waldviertel urlaubt, dafür aber sein Geld in eine kleine Vorsorgewohnung steckt.

Krieg verteilt radikal um

Natürlich stimmt es, dass mittlerweile eine Erbengeneration heranwächst, die ihr gutes Leben ausschließlich den Eltern verdankt. Das ist ungerecht, gleichzeitig aber auch ein gutes Zeichen. Die größte Umverteilungsmaschine ist nämlich der Krieg. Wissen das jene, die eine "Revolution" gegen die Politikkrise ausrufen wollen?

Ja klar, die Mittelschicht ist "grantig". Sie profitiert wegen der viel zu hohen Staatsausgaben nicht von den steigenden Einkommen. Aber auch das enthält Positives: Das Hochsteuerland Österreich leistet sich einen Supersozialstaat. Echte Altersarmut gibt es kaum, und selbst wer sein Leben lang nicht arbeitet, muss sich nicht sorgen zu verhungern.

Es gibt nur wenig Menschen auf dem Planeten, denen es so gut geht. Lassen wir uns das nicht zerstören und machen wir es auch selbst nicht kaputt. Frohe, friedliche Weihnachten!

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