Kurz’ Positiv-Image in den USA als Chance
Die EU-Präsidentschaft fiel dem jungen Kanzler (freilich nach gewonnener Nationalratswahl) turnusgemäß einfach zu, sein heutiges Treffen mit dem amtierenden US-Präsidenten Donald Trump hat sich Sebastian Kurz aber selbst erarbeitet – als außenpolitischer Dauerläufer und neuer, unverbrauchter Macher im europäischen Polit-Betrieb und als Führungsfigur im rechtskonservativen Lager. In Übersee, von Asien bis Amerika, wird der 32-Jährige jedenfalls als new european leader wahrgenommen und anerkannt. Der nicht unumstrittene US-Botschafter in Berlin (an der Einfädelung des Kurz-Besuches beteiligt) nannte ihn schon mal einen „Rockstar“.
Das ist ganz nach dem Geschmack des aktuellen Chefs im Weißen Haus, der sich gerne mit Erfolgstypen schmückt. Die EU als Organisation ist ihm ohnehin suspekt, die deutsche Regierungschefin Angela Merkel als Person ebenfalls. Da kommt der Österreicher gerade recht. Zumal die beiden, die 40 Jahre Altersunterschied trennen, einiges verbindet: Gegen Migranten baut der US-Präsident Mauern, der Kanzler schließt Seerouten, der eine propagiert „America first“, der andere „Austria first“, den UN-Migrationspakt lehnen beide ab. Als „Gastgeschenk“ brachte Kurz ein mehr als fragwürdiges Lob für Trumps Außenpolitik mit. Hätte so nicht sein müssen, aber sei’s drum.
Für Sebastian Kurz ist der Besuch im Oval Office einer der Höhepunkte seiner Polit-Karriere. Stolz, auch Österreich in diesem Rahmen in die Auslage stellen zu dürfen, ist durchaus angebracht. Das bedeutet aber nicht, vor dem Poltergeist in Washington in Ehrfurcht zu erstarren. Der Kanzler sollte sein gutes „Standing“ auch für offene, wenn nötig kritische Worte nutzen – etwa in Sachen Handelskrieg.
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