Küsst die Infantinnen rasch wach!

Küsst die Infantinnen rasch wach!
Keine Quarantäne für Velázquez, Rembrandt, Schiele und Klimt.
Martina Salomon

Martina Salomon

Derzeit appellieren Freiberufler und Kunstschaffende: „Bitte lasst uns endlich wieder arbeiten, lasst uns aufsperren.“ Die ganze Kulturwirtschaft? Nein, da gibt es „gallische Dörfer“, die dürften es demnächst, tun es aber überraschenderweise nicht. Vergangene Woche hat die Regierung den Museen erlaubt, ab 18. Mai wieder zu öffnen. Weil diese aber vom 1. Juli als Ende der Sperrstund’ ausgegangen waren, bleibt es wahrscheinlich dabei.

Wie bitte? Sorry, aber das ist ein „beamteter“ Zugang wie aus dem vorigen Jahrtausend. Vier Wochen Vorlaufzeit müssten doch reichen, um selbst den schwerfälligsten Apparat wieder hochzufahren. Die in Kurzarbeit befindlichen Bediensteten kann man jederzeit wieder in Dienst setzen, wie jede Firma weiß.

Ja, jetzt kommt eine Zeit, wo die Museumsdirektorinnen und -direktoren ihren Erfolg nicht mehr an ständig steigenden Besucherzahlen messen können. Das lag übrigens vor allem am „Overtourism“ in Städten wie Wien. An neuralgischen Stellen wie im Oberen Belvedere und der Albertina wurde der Massenansturm sogar mit Sperrbändern wie am Flughafen geregelt. Für „Blockbuster“ wie die große Bruegel-Ausstellung im Kunsthistorischen Museum musste man eigene Besucher-Slots buchen.

Als Wiener überließ man die Museen daher immer öfter den Touristen. Jetzt wäre die Chance da, endlich wieder einmal in Ruhe die Infantinnen von Velázquez im Kunsthistorischen Museum, den „Kuss“ von Klimt im Belvedere oder die Sammlung Batliner in der Albertina zu sehen. Die in Kurzarbeit befindlichen Eltern könnten mit ihren schulbefreiten Kindern kommen und den Grundstein für die Liebe zur Kultur legen. Unsere wunderbaren Kulturschätze lohnen einen Ausflug auch ohne Spektakel-Ausstellungen. Es kann doch nicht sein, dass hochsubventionierte Museen nur für Touristen aufsperren!

Und die Kulturpolitik? Kulturstaatssekretärin Ulrike Lunacek war immer eine sachkundige EU-Politikerin, aber in ihr neues Fach hat sie, vorsichtig ausgedrückt, noch nicht hineingefunden. Die Pressekonferenz gemeinsam mit Vizekanzler Werner Kogler war legendär dilettantisch. Wenn man über Sportminister Kogler schmunzelt, weil seine Tennistipps ein wenig ins Out gerieten, so könnte man Lunacek vorwerfen, in kulturellen Belangen noch weniger inspiriert zu sein.

Schon bei der Museen-Aufsichtsrätebesetzung lang vor Corona gab es einen veritablen Kommunikationspatschen, an dem sie mitbeteiligt war. Auch die Neubesetzung des Naturhistorischen Museums ist umstritten. Vor der Pressekonferenz vergangene Woche gab es eine Videokonferenz Lunaceks mit den Museumsdirektoren. Dabei konnte sie die Damen und Herrn nicht zu früherer Öffnung überreden. Welch unwürdiges Schauspiel in der (angeblichen) Kulturnation Österreich!

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