Ein paar harte Fakten zur Wasser-Hysterie

KURIER-Gastkommentar von EU-Parlamentarier Othmar Karas.
Othmar Karas

Othmar Karas

Das Geschrei um die angebliche Wasser-Zwangsprivatisierung ist reine Panikmache.

von Othmar Karas

über die Wasser-Hysterie

Wenn Bundesländer Steuergelder verspekulieren, rufen wir nach Regeln. Wenn der Staat Eurofighter kauft oder den Behördenfunk neu vergibt, wollen wir Transparenz. Aber wenn sich eine Gemeinde entscheidet, ein so wichtiges öffentliches Gut wie die Wasserversorgung von einer privaten Firma durchführen zu lassen, sollen Transparenzvorschriften und Spielregeln falsch sein? Die Debatte um die angebliche „Zwangsprivatisierung“ der Wasserversorgung durch die EU läuft falsch.

Ja, die EU plant Transparenzvorschriften und Spielregeln für die öffentliche Konzessionsvergabe. Nein, in keiner Weise schränkt der Gesetzesentwurf die Entscheidungsfreiheit von Bund, Ländern und Gemeinden ein, eine Dienstleistung selber durchzuführen oder „outzusourcen“. Die EU hätte rechtlich gar keine Möglichkeit dazu. Denn im Lissabon-Vertrag wurde das Recht auf kommunale Selbstbestimmung verankert – auch für Dienste der sogenannten Daseinsvorsorge, Wasser gehört dazu. Nach österreichischem Recht ist es schon seit Jahren möglich, die Wasserversorgung zu privatisieren. In 92 österreichischen Gemeinden ist dies bereits der Fall.

Mehr Transparenz

Es geht in dem Gesetz darum, Konzessionsvergaben – beispielsweise für Abfallbeseitigung, Breitbandnetze, Winterstreudienste oder auch die Wasserversorgung – transparenter zu machen. In diesem Bereich laufen in manchen Ländern Europas viele Mauscheleien. Die neuen Vorschriften gelten ausschließlich für den Fall, dass sich eine Gemeinde entscheidet, Firmen zu beauftragen. In Zukunft sollen die Bürgermeister überall in der EU das nicht mehr unter der Hand vergeben können. Das Geschrei um die angebliche Zwangsprivatisierung des österreichischen Wassers ist also reine Panikmache.

Gemeinden verdienen

Der Widerstand hat aber noch andere Gründe: In vielen Städten Europas sind die Stadtwerke teilprivatisiert und eine lukrative Einnahmequelle für die Gemeinden. Mit dem Geld aus öffentlichen Dienstleistungen wird anderes querfinanziert. Die Stadt Wien hat die Wassergebühren 2012 um stattliche 33 Prozent erhöht. Ein Rechnungshofbericht des Jahres 2010 stellt fest, dass die Wiener Wasserwerke allein zwischen 2005 und 2007 beachtliche 191,07 Millionen Euro Gewinn erwirtschafteten. Den Bürgern wurden also Millionen Euro zu viel an Gebühren abverlangt. Laut Rechnungshof lagen für die Wassergebühren in Wien keine schlüssigen Kostenkalkulationen vor. Die Erträge flossen ins Stadt-Budget.

Der EU-Gesetzesvorschlag bringt all das unter Druck. Die Firmenkonstrukte von manchen Städten in Europa mit de facto privatrechtlich handelnden Stadtwerken, Firmen und Unterfirmen, die öffentliche Dienstleistungen erbringen, wo gleichzeitig anderes querfinanziert wird: All dies müsste transparenter werden. Die Gegner des EU-Gesetzesvorschlags verbreiten Fehlinformationen und machen gezielt Stimmung gegen die EU. Das ist unverantwortlich und unterste politische Schublade. All jene aber, quer durch die Parteienlandschaft, die gegen die angebliche Wasserzwangsprivatisierung zu Felde ziehen, haben sich vor den Karren derer spannen lassen, die keine Transparenz bei kommunalen Vergabeverfahren wollen.

Othmar Karas ist Vizepräsident des Europäischen Parlaments (EVP-Fraktion).

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