Wie der Staat Österreich seine Bürger sekkiert

Bürokratische Schildbürgerstreiche, wohin man schaut.
Martina Salomon

Martina Salomon

So pedantisch die Behörden mit Firmen umgehen, so nachlässig sind sie beim Bürger.

von Dr. Martina Salomon

über Bürokratie

Eine kirchennahe Einrichtung für Schwerstbehinderte bekam kürzlich Behördenbesuch. Es wurde geprüft, ob beim Essen die Allergenverordnung eingehalten wird. Also ehrlich: Ist das dort wirklich die allergrößte Gesundheitsgefahr?

Rührend, wie sich der Staat um seine Schäfchen kümmert – oder doch mutwillig? Sollte die Regierung zum Beispiel wirklich eine Wohnbau-Offensive planen, dann müsste sie nur den Vorschriftendschungel lichten. Während etwa die rot-grüne Wiener Stadtpolitik seit Jahren daran arbeitet, Autos zurückzudrängen und Radständern sowie Schanigärten jeden nur erdenklichen Platz einräumt, muss man je 100 Quadratmeter neu gebauten Wohnraums einen privaten Auto-Stellplatz nachweisen. Hat man den nicht, gibt es eine Art Ablasshandel. Dann sind nämlich 12.000 Euro fällig – für nichts.

Chaos pur

Unter dem Titel "Betrugsbekämpfung" presst man derzeit jeden Cent aus mittleren und kleinen Unternehmen (während man die "Steueroptimierer" unter den Großen nie erwischt). Schließlich muss die kommende Steuerreform "gegenfinanziert" werden. Manches davon ist Chaos pur: Bei der Registrierkassenpflicht kommt jetzt eine Durchführungsbestimmung, es ist aber schon jetzt klar, dass diese 2017 durch eine neuere ersetzt wird.

Oder der "Karussell-Betrug". Wenn ein Unternehmer Teil einer Kette von Lieferungen ist, in der irgendeiner betrügt, muss er mit drakonischen Steuer-Strafen rechnen, die sein Geschäft durchaus umbringen können. Letzteres wird von Behörden – auch der Sozialversicherung – locker in Kauf genommen.So ließ man gerade einen Personaldienstleister im Pflegebereich in Konkurs gehen, weil der Status der vermittelten Arbeitskräfte als Selbstständige nicht akzeptiert wurde. Ein gutes Beispiel, wie man Arbeitnehmerrechte schützt, bis es auch keine Arbeitnehmer mehr gibt. Denn wer kann sich dann noch Pflegepersonal leisten? Ähnliches geschieht beim Arbeitszeitgesetz.

Auch das Fleischersterben ist eine Folge der aberwitzigen Dokumentationspflichten im Lebensmittelbereich. Die Regierung schreibt sogar die Farbe der Fleischkisten vor (künftig Blau statt Rot).

Und wenn eine Skiregion wegen einer "Ladies Week" Besuch von der Gleichbehandlungskommission kriegt, so ist das nur noch absurd.

Die Frage, was ihn nerve, beantwortet ein freiberuflicher Berater gegenüber dem KURIER humorvoll (und in Abwandlung eines Reinhard Mey-Lieds): "Um diese Frage umfassend beantworten zu können, bedarf es eines Antrags zur Erteilung eines Antragsformulars zur Bestätigung der Gültigkeit des Durchschriftsexemplars, dessen Gültigkeitsvermerk von der Bezugsbehörde stammt zum Behuf der Vorlage beim zuständigen Erteilungsamt, womit ein Antragsformular genehmigt wird, dass eine Berichterstattung über die Bürgerqualen als zulässig erklärt werden kann."

Ziesel haben mehr Rechte

So pedantisch die Behörden mit Firmen umgehen, so nachlässig sind sie beim Bürger: Sollte bei Ihnen daheim ein denkmalgeschütztes Bauwerk abgerissen oder ein Flüchtlingsheim errichtet werden, so sind Sie garantiert der Letzte, der es erfährt. Manchmal werden Sie sogar direkt angelogen. Ziesel haben eine größere Lobby.

Irgendetwas ist faul im "Staate Österreich".

martina.salomon@kurier.at

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