Salomonisch: Wir beherrschen die Maschinen – oder umgekehrt?
Es gibt sie sicher noch massenhaft: Die „ Kodak photo points“ an touristischen Aussichtspunkten. Doch der Weltkonzern Kodak hat diese Woche Konkurs angemeldet. Sichtbares Zeichen für das Ende einer Ära. Das Smartphone hat Fotoapparate, CD-Player, Navis und sogar iPods überflüssig gemacht. Das Tablet ersetzt oder ergänzt Bücher, Zeitungen, Fernseher.
Wir wollen alles, und zwar sofort. Mit der verfügbaren Technik ist das kein Problem. Doch damit ist das geistige Eigentum infrage gestellt. Gehört es immer noch dem menschlichen Urheber oder darf jeder technische Vervielfältiger frei darüber verfügen? Ein US-Gesetz gegen Internetpiraterie hat am vergangenen Mittwoch zu einer Art Warnstreik im Internet geführt, etliche amerikanische Plattformen gingen aus Protest gegen knebelnde Reformen offline.
Intellektuelle wie FAZ-Herausgeber Frank Schirrmacher stellen mittlerweile die alles entscheidende Frage: Beherrschen wir die Maschinen oder ist es vielleicht doch eher umgekehrt? Beobachten Sie zum Beispiel Konferenzteilnehmer, gleichgültig welcher Branche, oder Passagiere in der U-Bahn. Wir reden zwar gern von Aufmerksamkeitsdefizitstörungen bei Schülern, doch in Wahrheit ist das auch längst bei Erwachsenen ein Massenphänomen. Wer führt noch berufliche oder private Gespräche ohne hektisch-prüfenden Blick aufs Handy, um keinen Anruf, kein SMS oder Mail zu verpassen? Wir beklagen Hyperaktivität bei Kindern und vergessen, dass es auch die informations- und innovationsüberreizten Eltern sind, die oft bis zur totalen Erschöpfung „multitasken“.
Ausklinken ist fast unmöglich: Wer nicht die neueste Technologie besitzt und auf allen Plattformen mitspielen kann, ist bemitleidenswert altmodisch, arm oder alt. Längst hat das technisch Machbare unsere Vorstellungskraft überflügelt und zum Beispiel Finanzprodukte geschaffen, die auch Banker nicht mehr nachvollziehen können. Nicht Menschen, sondern Computer bestimmen Aktienkurse. Sie analysieren und tätigen selbstständig Börsengeschäfte.
Man muss nicht hoffnungslos rückständig sein, um das beängstigend zu finden. Schirrmacher wünscht sich, dass die Gesellschaft die Kontrolle über ihr Denken zurückgewinnt und wieder mehr auf Kreativität und Intuition vertraut. Sprich: Den Hausverstand sollten wir nicht an der Pforte zur digitalen Welt abgeben. Nachzulesen ist das übrigens in einem echten Buch, schwarz auf weiß.
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