Salomonisch: Verdorrt der Arabische Frühling?

Salomonisch: Verdorrt der Arabische Frühling?
Es gibt in den meisten Ländern zwar Wahlen jetzt, davon profitieren aber zum Großteil Islamisten.
Martina Salomon

Martina Salomon

Hat die Welt zu früh gejubelt, als größenwahnsinnige arabische Diktatoren in Tunesien, Ägypten und Libyen fielen? Und könnte es sein, dass die militärische Einmischung (angeblich) zivilisierter Mächte manches noch schlimmer gemacht hat? In den betroffenen Staaten gibt es nun zwar endlich freie Wahlen -, aber davon profitieren zum Großteil erzkonservative islamische Parteien. Und es mehren sich bedenkliche Zeichen: Die Organisation "Reporter ohne Grenzen" warnt Medien, Journalistinnen nach Ägypten zu senden. Es gab Attacken und sexuelle Übergriffe auf ausländische Reporterinnen (einmal sogar verübt von Polizisten).

Fanatiker

Auch die Verfolgung von Christen nimmt zu. In einem Vorort der tunesischen Hauptstadt Tunis haben (die als extrem radikal geltenden) Salafisten eine Universität gestürmt, die ihnen zu liberal erschien, weil Männer und Frauen dort gemeinsam unterrichtet werden. In Libyen wiederum lassen die grausamen Bilder der geschundenen Leiche Gaddafis erahnen, dass hier ein verrückter Stammesherrscher, der von fast allen westlichen Staatskanzleien umschmeichelt wurde, von anderen abgelöst wird, die das Wort Menschenwürde wohl auch nicht buchstabieren können. Egal, es geht und ging ja um die Ölrechte. Es steht zu befürchten, dass die arabischen Länder einen ähnlichen Weg wie der Iran gehen, wo am Dienstag ganz offenbar regierungsnahe "Studenten" die britische Botschaft gestürmt haben. Eigentlich will man die ewig gleichen Bilder der arabischen Fanatiker gar nicht mehr sehen: Brennende Fahnen - gleichgültig, ob von den USA oder Großbritanniens - werden am Boden zertrampelt. Es wirkt, als würde die Masse heute dem einen und morgen dem anderen Verführer folgen. Kein Wunder, dass in westlichen Ländern eine Art Islamophobie entstanden ist. Muslime beklagen das, aber der liberale Euro-Islam, auf den manche Experten (so die Autorin Christa Chorherr in einem neuen Buch) setzen, schweigt zu all diesen Vorgängen, leider. Aus Zustimmung? Aus Angst? Aus Gleichgültigkeit? Oder weil es ihn vielleicht gar nicht gibt? Hätte die Welt mit Schulden und Eurokrise momentan nicht gerade andere große Sorgen, würde man vielleicht die problematische Entwicklung genauer betrachten. Der Arabische Frühling droht in einem von sozialen Konflikten geprägten politischen Klimawandel zu verdorren.

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