Salomonisch: Planlos, hässlich: Wie Orte verschandelt werden
Die IG-Architektur feiert ihr zehnjähriges Bestehen demnächst mit der Vergabe eines "Planlos-Awards". Wirklich gute Idee. Eine Bewusstseinsbildung in diesem Bereich ist nämlich dringend nötig. Wer mit offenen Augen durch Österreichs Städte geht, dem fallen auf Anhieb ein paar Dutzend Raumplanungsfehler ein, die für diese "Auszeichnung" infrage kommen. Da geht es nicht nur um die tristen Shopping-Konglomerate auf der grünen Wiese vor den Toren jeder mittleren Kreisstadt (deren Ortskerne dadurch völlig veröden). Sondern auch um Achtlosigkeiten mitten in der Stadt, etwa durch den grassierenden Plakatierungs- und Verhüttelungs-Wahnsinn. Der macht nicht einmal vor touristischen Hotspots halt: etwa rund um die Oper in unserer schönen Bundeshauptstadt. Beim Warten auf die Straßenbahn auf der Ring-Seite Richtung Rathaus ist von Weltkultur-Erbe nicht mehr viel zu bemerken. Dafür kann der Bürger gleich an zwei Standln Pizza und Kebab kaufen. Gegenüberliegend: mehrere Buden mit Pizza und Kebab. Schräg gegenüber: eine Bude mit Käsekrainer und Hot Dog. Eigentlich ein Wunder, dass unmittelbar vor der Oper noch kein Standl errichtet wurde. Vielleicht eines mit Sacherwürstel und CDs? Aber bringen wir die Stadtverantwortlichen lieber nicht auf Ideen zur weiteren Ortsbildverschandelung. Es reichen schon vorhandene, wirklich skandalöse Veränderungen wie der Dachausbau einer Versicherung "Am Hof", mit dem der historische Platz optisch vernichtet wurde.
Für ernsthafte bauliche Verbesserungen fehlt der Gemeindeverwaltung hingegen das Geld. Ein sogar mit EU-Geldern gefördertes Projekt zur Neugestaltung heruntergekommener Gürtel-Gegenden wurde offenbar auf Eis gelegt. Wenn man die schreckliche (und schrecklich teure) "Verschönerung" des Prater-Vorplatzes betrachtet, kann der Verzicht auf kommunale "Behübschung" möglicherweise sogar ein Segen sein. Aber als ersten - und billigeren - Schritt könnte man ja das Verhüttelungsproblem Wiens (und anderer Städte) angehen - weniger ist mehr. Die Interessenvertretung kritischer Architekturschaffender macht mit ihrer kleinen Kampagne jetzt den Anfang. Qualität des Bauens, Gefühl für Maß, Schönheit und Kultur müssen endlich zur politischen Kategorie werden.
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