Neues vom feministisch-therapeutischen Sesselkreis

Martina Salomon

Martina Salomon

Mittlerweile greift eine Debattenkultur um sich, die dem Anliegen selbst schadet.

von Dr. Martina Salomon

über Feminismus

Falls Sie zur Gruppe der „Frauen, Intersex- und Transgenderpersonen“ zählen, dann ist die Hochschülerschaft der Uni Wien vielleicht Ihre letzte Rettung. Sie lädt zum Beispiel zum Workshop für ein „Raumnahmetraining mit Methoden des Theaters der Unterdrückten“ und bietet dazu weitere feine Seminare an, wo zu „feministischen und queeren Themen“ gearbeitet wird. Hilfe! Hat diese durch Zwangsgebühren finanzierte ÖH noch andere Sorgen? Ja, zum Beispiel das Geldgrab „Cafe Rosa“, wo die antikapitalistischen Träume nach einem Jahr zerplatzten. Kosten: 500.000 Euro. (Welch Getöse hätte es erzeugt, hätten rechte Studenten solchen Mist gebaut?)

Feminismus ist noch immer notwendig, alltägliche Diskriminierung, und sei’s nur durch Gedankenlosigkeit, soll angeprangert werden. Aber mittlerweile greift eine Debattenkultur um sich, die die Grenze zum Lächerlichen schon so weit überschritten hat, dass sie dem Anliegen selbst schadet. Vor einigen Tagen hat sich die deutsche Grüne Ingrid Wagemann (komisch, dass sie nicht längst „Wagefrau“ heißt) die Fußgängerzonen vorgeknöpft. Weil hier, eh klar, nicht nur eine männliche Form vorliegt, sondern „Zone“ militaristisch klingt. Sie plädiert für „Flaniermeile“ – wogegen nichts einzuwenden ist, weil es sich um ein schönes, fast in Vergessenheit geratenes Wort aus einer langsameren Zeit handelt. Im rot-grünen Wien ist sicher auch schon eine humorfreie Sprachpolizei unterwegs.

Aber ist es nicht auch recht bequem, im psychotherapeutischen Sesselkreis immer nur die widrigen Verhältnisse zu beklagen? Facebook-Managerin Cheryl Sandberg rät: „Lean in“, also „Häng dich rein“. In ihrem viel beachteten Buch mit dem gleichnamigen Titel ermuntert sie Frauen, aus ihrer Opferrolle zu schlüpfen. Die Kritik an der „privilegierten“ Supermanagerin und Mutter zweier Kinder folgte prompt. Aber manche Punkte sind so simpel wie richtig – etwa, dass die Wahl des Lebenspartners „die wichtigste Karriereentscheidung einer Frau“ ist. Sprich: Zieh keinen Trottel an Land, der dich an deiner Entfaltung hindert. Möglicherweise muss die Debatte aber auch entkrampft werden. Eine „Accenture-Studie“ ergab erst kürzlich, dass Erfolg für Frauen etwas anderes bedeutet als für Männer. Arbeitnehmerinnen ist Anerkennung meist wichtiger als den männlichen Kollegen. Sie planen ihre Karriere passiver, scheuen eher den Kampf um Aufstieg und Geld.

Aber wer bestimmt, welches Modell glücklicher macht? Und wer behauptet, dass Frauen immer behindert werden, Männer aber nie? Tüchtigen, aufstiegswilligen Frauen kann man nur zurufen: „Lean in“! Nie war der Zeitpunkt günstiger.

PS: „queer“ bedeutet übrigens normabweichend, auch schwul.

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